Sora mochte, wie Kenta lachte. Es war ein ehrliches aber nicht aufdringliches Lachen, mit dieser unglaublich schönen Stimme. Kenta wirkte immer ein bisschen so, als würde er sich selbst zurückhalten, drosseln. Aber das gefiel Sora sehr. Wenn er da an seine lauten Bandmitglieder dachte, war das die reinste Wohltat. Wenn man selbst eher introvertiert war, war es schon eine Herausforderung in der Öffentlichkeit zu stehen und dann auch noch als Musiker. Natürlich hatte er als Aisu sein Bühnen-Alter Ego, aber dafür waren seine sozialen Batterien weitaus schneller leer, als die seiner Bandkameraden.
Als sie in die Küche gingen und er mit seinem Gastgeber darauf wartete, dass das Wasser zu kochen begann, durchflutete ihn eine angenehme Wärme, als er die Worte des anderen vernahm.
Er fühlte sich also geerdet und leicht und er hatte ihn gern um sich? Also, wenn das keine schönen Worte waren, was dann?
Sora lächelte verlegen, wippte von einem Bein aufs andere und hielt sich mit einer Hand das andere Handgelenk. Irgendwie hatte er gerade wirklich das verlangen, ihn nochmals zu umarmen, aber er liess es. Gut, dass dann auch der Teekessel zu pfeifen begann!
Er musterte wie der Psychologe den Tee auftauchte und schmunzelte über die Bemerkung.
„Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Aber du bist der Kenner, also bin ich mir sicher, dass es so sein muss.“, gab er sanft von sich.
Dankend nahm er ihm eine Tasse ab und sog den herrlichen Duft des heissen Getränks ein.
Nachdem sie Platz genommen hatten, roch er erneut daran und schloss kurz die Augen.
„Mhhh“, kam es leise von ihm.
„Was für ein wunderbares Aroma!“, gab er begeistert von sich und stellte dann die Tasse wieder ab. Noch war er zu heiss, um davon zu kosten aber Sora freute sich schon darauf.
„Nächstes Mal, werde ich den Tee für dich zubereiten“, meinte er dann. Er sah ihn an, lächelte sanft und fragte leise: „Es wird doch ein nächstes Mal geben, oder?“
Kurz atmete er laut aus, fuhr sich durchs Haar und meinte, ohne Kenta dabei anzusehen.
„Ich will ja nicht mal, dass dieses Mal endet!“
Verlegen griff er wieder zur Tasse. Sie gab ihm irgendwie einen unsichtbaren Halt. Dann nippte er daran.
„Mhh, gut, wie erwartet!“, freute er sich und stellte die Tasse wieder ab.
„Ich weiss nicht warum, aber ich bin gerade unglaublich nervös. Tut mir leid…. Ich weiss nicht so recht, wie ich mich verhalten soll. Irgendwie… würde ich gern so viel machen und…. Ich hab einfach keine Ahnung warum und noch viel weniger, ob ich es tun soll….tun… darf.“, platzte es nun aus ihm heraus. Er war nicht laut und auch nicht forsch. Aber er hatte das Gefühl, wenn er es nicht sagen würde, wäre er unehrlich und was hätte es schon für einen Sinn zu einem Psychologen unehrlich zu sein?! Er würde ihn doch ohnehin durchschauen, oder?
Er rutschte auf seinem Sitz etwas weiter zur Kante vor.
„Ich würde dich wirklich, wirklich gern nochmals umarmen. Darf ich?“, gab er nun zu und sah ihm dabei direkt in die Augen.
„Roomtour klingt fantastisch!“, freute sich Sora und liess sich schweigend und hochinteressiert durch die ordentliche Wohnung führen.
Immer wieder war ein leises „Wow“ oder „Wie niedlich“ zu hören. Er fand das alles wirklich sehr beeindruckend und stimmig. Es passte zu Kenta, so wie er ihn kennenlernte. Die vielen süssen Niedlichkeit hier und da, fand er kein bisschen unpassend. Im Gegenteil, es gefiel ihm, so wie es war. Als er seine CD so hübsch drapiert vorfand drehte er sich mit seinen eisblauen Augen um und riss sie begeistert auf. Er zeigte mit dem Finger darauf und konnte es nicht fassen, was für einen Ehrenplatz er da bekommen hatte.
„Das… das ist ja der Wahnsinn! Ich glaube ich habe noch nie irgendwas von mir, so schön platziert gesehen! Danke, dass du das so zu schätzen weisst!“, gab er zwar mit leiser Stimme aber durchaus begeistert von sich. Er war regelrecht gerührt davon. Er musste sich das noch ein paar Mal genauer ansehen. Lächelnd schüttelte er sanft den Kopf. Einfach nur Wahnsinn!
Er wandte sich seinem Gastgeber zu und bedankte sich erneut. Er konnte sich gar nicht beherrschen und umarmte ihn einfach. „Danke“, flüsterte er abermals, dann liess er wieder von ihn ab und lächelte ihn sanft an.
Erst jetzt kam ihm der Gedanke, dass das vielleicht zu überschwänglich war und er trat einen Schritt zurück, blickte kurz verlegen zur Seite und lächelte dann wieder.
„Jetzt würde ich das Angebot eines Tees gern annehmen“, sprach er.
Sein Herz begann plötzlich zu wummern und er fragte sich, woran das lag. Wieso wurde er plötzlich nervös?! Ausserdem hoffte er, dass er nicht zu weit gegangen war. Wenn sie jetzt etwas tranken, war die Stimmung bestimmt wieder lockerer, oder?
„Wie lange lebst du schon hier?“, fragte er ihn, auf den Weg in die Küche. „Es ist wirklich sehr schön eingerichtet und irgendwie…. Irgendwie so…. Beruhigend…. Keine Ahnung, ob das komisch klingt… vielleicht liegt es auch einfach nur an dir. Ich fühle mich in deiner Nähe irgendwie so beruhigt… so… angekommen.“
Er lachte leise auf. „Das hörst du bestimmt oft, bei der Arbeit, oder?“, versuchte er seine Worte herunter zu spielen.
Oh Gott, langsam verhielt er sich doch wirklich albern, oder? Hoffentlich würde Kenta ihn nicht gleich raus werfen. Vielleicht sollte er jetzt lieber mal die Klappe halten…. Ging Sora durch den Kopf. Und auch wenn er sich selbst schalt, so fühlte er sich dennoch wohl. Seltsam.
Touma genoss den Kuss, grinste regelrecht hinein. Auch als der zweite folgte, machte er bereitwillig mit. Setzte seine Zunge gekonnt ein.
„Wenn wir so weiter machen, kann ich mich nicht weiter auf die Arbeit konzentrieren.“, raunte er und setzte seinerseits zu einem dritten Kuss an. Privat, geschäftlich? Das war ihm gerade völlig egal. Er war dabei sich in dieser liebevollen Liebkosung zu verlieren. Seine Hände waren schon auf Wanderschaft gegangen. Beinah hatte er vergessen, wo sie sich befanden. Gut, dass das Telefon ihn in die Realität zurück holte.
„Shit.“, gab er halb genervt, halb belustigt von sich, da die Situation wirklich amüsant fand.
„Entschuldige mich bitte!“, meinte er leise, räusperte sich und melde sich dann professionell am Telefon.
„Ah, ja, selbstverständlich. Ja, ich werde vor Ort sein. Ja, natürlich, machen Sie sich bitte keine Sorgen, wir klären es dann dort. Ja, bis nachher.“
Er legte auf, sah Neil wieder an, legte seine Hand an dessen Wange.
„Da knüpfen wir nachher an, ja? Wollen wir heute Abend was zusammen kochen? Nur du und ich?“
Er wusste, dass er Neil um Zeit gebeten hatte und er wollte ihn auch nicht damit verunsichern, aber er wollte wirklich auch gern mehr Zeit mit ihm verbringen. Besonders, weil er merkte, wie es in seinem Bauch kribbelte, wenn er den süssen Mann küsste.
Nicht viel später musste er dann aber auch aufbrechen.
****
Sen war total begeistert und freute sich, auf alles was noch kommen würde. Nach dem Shooting hatte er sich noch höflich bei allen bedankt und konnte es kaum erwarten, seinem Liebsten die Ausdrucke zu zeigen. Zuerst musste er aber zurück in Toumas Agentur und Neil ablösen.
„Hi!“, strahlte er ihm entgegen, als er ihn an seinem Platz sah. Er erzählte ihm euphorisch, wie es gelaufen war und zeigte ihm auch die Fotos.
„Danke, dass du mir das ermöglicht hast, Neil! Du hast was gut bei mir!“, meinte er überschwänglich und drückte ihm einen Schmatzer auf die Wange. Dann löste er ihn ab und übernahm die restlichen Tätigkeiten.
Am Nachmittag konnte er dann endlich heim. So schnell, war er wohl nie dort gewesen. Dort bereitete er etwas zu Essen vor und wartete geduldig auf seinen Pornstar. Hoffentlich würde er bald heim kommen! Er hatte ihm so viel zu erzählen.
Als er den Schlüssel im Türschloss hörte, schnellte er vom Sofa auf und flitzte hinüber.
„Babyyyyy!!!“, meinte er, zog seinen Liebsten an sich und umarmte ihn stürmisch.
Begeistert erzählte er ihm von Shooting und den netten Worten des Fotografen und zum krönenden Abschluss, zeigte er ihm die Abzüge.
„Uuuund? Was meinst du? Sieht dein Verlobter gut aus, oder nicht?!“, grinste er stolz.
„Ich möchte aber auch hören, wie dein Tag war. Komm, ich hab uns was zu essen gemacht. Du bist bestimmt hungrig, oder?“
Er nahm ihn mit in die Küche, richtete zwei Teller an und nahm dann mit ihm am Esstisch Platz um interessiert seinem Liebsten zuzuhören.
Soras Herz machte einen Freudensprung, als Kenta vorschlug, zu ihm zu gehen. Nicht, dass er direkt schmuddelige Gedanken hatte, gar nicht. Er war einfach froh, dass er noch mehr Zeit mit ihm verbringen konnte und der andere sich wohl genug fühlte, um ihn zu sich einzuladen. Er war sehr gespannt wie der Psychologe lebte. Bislang hatte er sich keinerlei Gedanken darüber gemacht, aber nun wurde seine Neugierde genauso geweckt, wie seine Vorfreude!
„Sehr gern!“, stimmte er lächelnd zu, lachte dann über die andere Aussage und winkte ab. „Nein, keine Sorge, so kam es nicht rüber!“
Er ging zwei Schritte weiter, hielt ihm dann den Ellenbogen hin. „Wollen Sie mich zu meinem Auto geleiten?“, sprach er nasal und kicherte dann. Er hoffte, dass Kenta den Spass mit machte und sich einhaken würde, aber er wäre auch nicht böse, wenn dem nicht der Fall war.
Sie gingen zum Auto zurück und erneut hielt Sora ihm die Tür auf, damit er einsteigen konnte, dann stieg er seinerseits ein und fuhr los. Anstatt das Radio anzustellen, summte er die Melodie, zu der der Psychologe ihn inspiriert hatte, verstohlen lunste er zu ihm hinüber, lächelte und summte etwas lauter weiter.
Im Moment war seine Angst, seine Beklemmung, alles Negative, das ihn schon recht lang begleitete, wie weggeblasen! Er fühlte sich leicht und unbeschwert. Lag das einfach nur an Kenta?
Als sie angekommen waren rieb er sich vor der Haustür die Hände und meinte spielerisch: „Dann schaue wir doch mal, wie der Herr Psycholog so eingerichtet ist!“, dann grinste er breit und bedankte sich, dass er eintreten durfte.
Er streifte auch direkt die Schuhe aus und trat ins Innere.
Touma hatte gerade die Gerichte der anstehenden Hochzeit verglichen, die getestet wurden. „Kein Kaviar, dafür Hummerschwänze….“, murmelte er und hakte ab. Dann erhielt er Neils Nachricht. Er grinste, lunste aus der gläsernen Tür und schrieb: „Wieso erst wenn ich gehe? Du könntest ihn dir jetzt schon abholen….“, er verschickte die Nachricht mit einem breiten Grinsen und war gespannt auf Neils Reaktion.
Irgendwie war das ganz schön prickelnd, mit jemandem zusammen zu arbeiten, auf den man stand. War nur die Frage, wie lange würde das gut gehen und wie produktiv wäre man in der Zeit?
**
Sen konnte seine Freude über die Worte des Fotografen kaum verbergen.
„Das würde ich sehr gern!“, meinte er und lächelte froh und verlegen zugleich. „Ist natürlich die Frage, ob die Chefs des Magazins das auch so sehen. Aber ich würde nicht nein sagen!“
Am Liebsten hätte er vor Freude gekreischt wie ein kleines Kind. Er wollte unbedingt Kazumi darüber informieren. Aber das ging jetzt natürlich nicht sofort. Es war hier gerade mal eine kurze Pause, es würde bestimmt bald weiter gehen.
Dennoch fragte er sich, wie Kazumi das wohl sah. Würde er mit seiner Unterstützung rechnen dürfen? Er hoffte es. Im Moment war wirklich alles perfekt! In zwei Tagen hatte er noch das andere Casting und heute diese wundervolle Erfahrung. Vielleicht kam er ja doch noch irgendwann groß raus?!
Sen strahlte nun regelrecht von innen und das bemerkte man auch an den Fotos.
Sora hatte sich für Popcorn entschieden, allerdings auch nur für eine kleine Portion. Eigentlich hatte er gar keinen Hunger mehr und zudem musste er schon etwas auf seine Linie achten. Trotzdem war es sehr nett, dass Kenta ihn extra einladen wollte, also wollte er nicht ablehnen.
Auch er blickte nach oben zum Riesenrad. Ein breites Lächeln zierte seine Lippen. Er hörte dem Psychologen aufmerksam zu. Nickte zustimmend.
„Das klingt nach einem guten Plan. Beim nächsten Date könnten wir ja zu einer Aussichtsplattform. Wir können ja klein anfangen und uns hocharbeiten und irgendwann befindest du dich dann auf der Glasfläche des Sky-Tree und hast keine Angst hinunter zu gucken!“, er lächelte warm, steckte sich ein gepufftes Maiskorn in den Mund und merkte erst jetzt, dass er wirklich „Date“ gesagt hatte. Beinah verschluckte er sich. Hustete kurz und räusperte sich dann. Er versuchte es irgendwie zu überspielen, aber er wusste nicht so recht wie.
„Ehm, möchtest du noch ein bisschen an der Promenade entlang laufen?“, fragte er dann einfach und hoffte, dass es Kenta nicht aufgefallen war. Der würde ihn doch bestimmt gleich zum Teufel jagen, oder? Wie kam er auch darauf zu sagen, dass es ein Date war?! Bestimmt wegen dem Riesenradbetreiber! Alter Kauz! Aber nett war er…
Sie liefen noch eine Weile an der Promenade entlang. Sora hätte die Zeit gern angehalten. Es war so friedlich und angenehm mit Kenta, dass er sich einfach nur rundum wohl fühlte.
Plötzlich hörte er einen schrillen Schrei. Drei Schülerinnen kamen auf die Männer zugeraunt und eine fragte aufgeregt, ob er Aisu sei. Leicht verlegen versuchte er sich irgendwie heraus zu reden, aber die Mädchen wollten unbedingt ein Selfie mit ihm haben. Er sah Kenta fragend an, er war mit ihm hier und wollte nicht, dass er sich ausgeschlossen fühlte. Dann posierten die Mädchen auch schon vor ihm und schossen mit ihren Handys Bilder. Eine Zog noch einen Hefter aus der Schultasche und bat ihn um ein Autogramm, dass er dann auch bereitwillig gab. Dann bedankte er sich bei den Fans und verabschiedete sich mit leichter Verneigung. Die Mädchen waren total begeistert und trabten aufgeheizt und überglücklich von dannen.
Er Sah Kenta wieder an. „Entschuldige, damit habe ich nicht gerechnet!“, meinte er kleinlaut. „Was hältst du davon, wenn wir hier verschwinden? Irgendwo hin gehen, wo nicht so viele Leute sind? Natürlich nur, wenn du möchtest. Ich für meinen Teil, würde ehrlich gesagt noch gerne etwas mehr Zeit mit dir verbringen.“
Er hoffte wirklich sehr, dass Kenta ihm noch nicht überdrüssig war. Trotzdem hatte er im Moment noch keine klare Idee, wo sie hin konnten. Ihn zu sich nach Hause einzuladen, war sicher komisch und Sora war sich auch gar nicht sicher, wie aufgeräumt seine Bude war. Er war so lang unterwegs gewesen und würde in ein paar Tagen wieder aufbrechen…. Er wollte aber auch einen guten Eindruck hinterlassen und nicht so plump wirken. Womöglich machte er sich aber auch zu viele Gedanken?
Erst die Warte des anderen holten ihn aus seinem Gedankentaumel zurück.
Touma war gerade in der Küche und hatte die Spülung der Kaffeemaschine abgeschlossen, als er Neil hörte. Dieser redete mit seinem Hund, was ihm ein Schmunzeln entlockte. Er bereitete zwei Tassen Kaffee vor und kam dann aus der Küche, nachdem Neil ihn gerufen hatte.
„Einen wunderschönen guten Morgen. Mit Milch und Zucker, oder bin ich süss genug?“, grinste er ihn an und hielt ihm eine der Tassen entgegen.
Er freute sich wirklich ihn zu sehen und ihm entging nicht wie sich Neil herausgeputzt hatte. Er musterte ihn von oben bis unten und lächelte angetan.
„Dann zeige ich dir mal deinen Arbeitsplatz.“, meinte er und geleitete ihn an Sens Rezeptions-Theke.
Er zeigte ihm ein einfaches Kalendertool und die Emails. Alles was er zu tun hatte, war Anrufe anzunehmen und Termin-Anfragen in den Kalender einzutragen.
„Für ein Kennenlernen 1 Stunde eintragen und für Termine, die an Hochzeitslocations stattfinden 3 Stunden. Aber mach dir keinen Kopf, so viel neues wird jetzt nicht rein kommen. Alles andere kannst du einfach an mich weiterleiten.“, hatte er erklärt. Er stand dabei hinter dem sitzenden Neil und hatte ihm über die Schulter hinweg die tools am Rechner erklärt.
„Wenn du Fragen hast, kannst du mich jederzeit anrufen. Ich muss in einer halben Stunde los. Komm erstmal an, schau es dir in Ruhe an und gib gern Bescheid, wenn du noch was wissen möchtest. Ich bin da drüben in meinem Büro.“
Er lächelte ihn dankbar an und ging dann in sein Büro um noch ein paar Akten durchzusehen, bevor er aufbrechen musste.
Sen war total begeistert. So viele Komplimente hatte er noch nie an einem Set erhalten. Er beantwortete brav alle Fragen und blieb sehr höflich. Als der Shoot dann endlich los ging, war er in seinem Element. Es machte ihm unglaublich viel Spass vor der Kamera zu stehen. Das Feedback des Fotografen freute ihn besonders. Dieser Mann hatte es täglich mit grossartigen Models zu tun, oder? So jemand ging mit Lob bestimmt sehr sparsam um.
„Ich geben mir Mühe, jedes Mal etwas besser zu werden!“, hatte Sen geantwortet und bestätigte aber die Frage, dass er schon einige Gigs hatte. Am Liebsten hätte er Katsumi hier gehabt. Er wäre doch bestimmt stolz auf ihn gewesen, richtig?
Hätte Sen gewusst, was bei seinem Verlobten los war, wäre er wohl nicht so unbeschwert hier gewesen. Womöglich hätte er nicht professionell sein können. Zu gross wären die Bedenken gewesen. So konnte er aber sein Bestes geben.
„Nicht schlimm, du kommst wohl nicht besonders viel raus, hmm? Da kann man sowas schon mal vergessen.“
Er streichelte ihm beide Handflächen mit den Daumen, bis die Gondel unten an kam.
„Dann bringen wir dich mal wieder auf festen Boden, ja?“, lächelte der Musiker sanft. Er stand vorsichtig auf.
„Vorsichtig, ich halte dich, okay?“, er half ihm auf und stieg zuerst aus, reichte ihm die Hand und half ihm raus.
Dann stampfte er und grinste: „Endlich wieder festen Boden unter den Füssen!“, er lächelte ihn an und erkundigte sich, ob es nun wieder besser war.
Sora war wirklich froh, dass er nun auch mal für ihn da sein konnte. Irgendwie wäre er nie auf die Idee gekommen, dass so ein Mann vor überhaupt etwas Angst haben könnte. Es machte ihn aber noch menschlicher in seinen Augen. Nahbarer und echter.
Ein Stückchen weiter gab es einen Stand der Popcorn und Zuckerwatte verkaufte.
„Oh, magst du auf den Schock noch was süsses oder soll ich dich langsam heim bringen?“
Sora hätte zwar noch gern mehr Zeit mit ihm verbracht, aber er wollte es auch nicht übertreiben. Er hatte Angst Kenta damit zu überfordern. Der würde doch bestimmt nicht noch ewig mit seinem Patienten umherstreifen wollen, oder?
So oder so, war Sora sehr dankbar für die wundervolle Zeit, die sie hier miteinander verbrachten. Eigentlich wollte er wirklich nicht, dass es schon endete. Blöd.
Die Vorfreude war gross und hier mit dem Psychologen zu sitzen war unfassbar angenehm. Kurz darauf änderte sich aber etwas an der Stimmung. Sein Gegenüber sah ein bisschen blass aus und Sora fühlt, wie seine Hand gedrückt wurde.
Er hate nicht gewusst, dass der Psychologe im inneren Dialog mit sich stand sprach aber auch sanft auf ihm ein.
„Du kannst meine Hand ruhig fest halten. Sieh mich an. Konzentrier du dich einfach nur auf meine Stimme und wenn du dich ein bisschen sicherer fühlst, sieh über meine Schulter hinweg nach draussen. Konzentrier dich einfach auf einen Punkt in der Ferne, geniesse die Aussicht. Wenn dir dann danach ist, kannst du dich umsehen. Wichtig ist aber, das du nicht direkt nach unten blickst. Okay? Ich bin da.“
Er war sich nicht sicher ob Kenta ihn überhaupt wahr nahm, aber er sprach so ruhig wie möglich uns verlor ihn nicht aus den Augen.
Die Gondel war oben angekommen und langsam traute sich der Psychologe wohl, sich umzusehen.
„Wunderschön, nicht wahr?“, lächelte Sora. Er strich ihm mit dem Daumen über den Handrücken und lächelte ihn an.
Langsam setzte sich die Gondel wieder in Bewegung und schaukelte wieder etwas mehr.
„Alles gut, wir sind bald wieder unten, hmm?“, meinte er und betrachtete seinen Begleiter.
„Willst du meine zweite Hand vielleicht auch halten?“, bot er an und lächelte sanft.
„Du bist sonst für mich da, heute bin ich für dich da.“
Völlig gehetzt vom Tag kam Touma mit Sen zu Hause an. Er hatte ihm gerade Futter in den Napf gelegt, da hört er sein Handy.
„Ohhhh, neiiiiin, was denn jetzt noch?!“, jammerte er. Er ging davon aus, dass seine aktuelle Kundin schon wieder einen Änderungswunsch hatte. Tatsächlich war die Nachricht aber von Neil!
Interessiert öffnete er sie und las sie. Aber xoxo musste er schmunzeln. Das war irgendwie herrlich erfrischend und wirklich angenehm. Es fühlte sich fast so an, als löste das die Anspannung der letzten Tage. Dann fiel ihm aber sein Terminkalender ein.
„Mist…“, Maulte er. Er wollte direkt anrufen um das schnell zu klären aber dann hielt er inne. Was wenn Neil gerade gar keine Zeit hatte? Es klang ja auch bei ihm sehr stressig. Und da dieser ihn nicht angerufen hatte, konnte er vielleicht gerade gar nicht sprechen. Touma schnaubte. Dann schrieb er zurück:
„Geht klar, freut mich, dass du Sen gewinnen konntest. Ich habe morgen und übermorgen enorm viel zu tun, daher nehme ich dein Angebot, für Sen einzuspringen, dankend an. Kannst du morgen bis 9:00 Uhr bei mir in der Agentur sein? Dann erkläre ich dir das Nötigste, bevor ich los muss. Hab eine gute Nacht. XO T.“
Er schickte die Nachricht ab, legte das Handy zur Seite und verschwand dann im Bad um ein Entspannungsbad zu nehmen. Er ass anschliessend noch ein Eiersandwich und trank ein Glas Wein, bevor er sich ins Bett warf.
Am nächsten Morgen verband er den Gassi-Gang mit dem Weg zur Arbeit. Er hatte sich unterwegs noch einen Coffee to go geholt und schloss die Agentur um kurz vor 8 Uhr auf. Sie war noch nicht für Kunden geöffnet, aber da er nicht wusste, wann Neil kam, liess er einfach offen und wuselte schon ein wenig in seinem Reich herum.
Sen wurde recht früh wach. Wahrscheinlich war es die Aufregung vor dem Model-Job. Er freute sich wirklich darauf. Er ging eine Runde joggen und als er wieder zu Hause war, nahm er eine erfrischende Dusche. Er war sehr gespannt wie es heute laufen würde. Vor dem Spiegel musterte er sein Gesicht. Er hatte ein paar leichte Stoppeln. Sein Bartwuchs war wirklich sehr spärlich, daher war er sich nicht sicher, ob er die paar Härchen mit dem Rasiergerät bearbeiten sollte oder nicht. Was für einen Look brauchten sie wohl bei dem Shooting? Hatte Neil etwas gesagt? Er erinnerte sich an keine expliziten Wünsche.
Er ging zum Bett, wo sein süsser Verlobter noch lag. „Baby, soll ich mich rasieren?“, flüsterte er nachdem er ihm mindestens 10 kleine Küsse auf die Wange gegeben hatte.
Etwas später war er dann aber auch schon auf dem Weg und begab sich zu Neils Firma. Dort stellte er sich am Empfang vor.
Der Musiker hatte sich ausgiebig für die Holzpuppe bedankt und mehrfach erwähnt, dass das nicht nötig gewesen wäre. Allerdings freute es ihn sehr.
Sora genoss die Zeit mit seinem Begleiter ebenfalls und er war froh, dass Kenta die Einladung zum Teehaus angenommen hatte. Somit hatten sie vielleicht wirklich die Chance, das Riesenrad beleuchtet sehen zu können. Auch er entschied sich für den Matcha Pudding, trank aber einen anderen Tee. Er hatte das herrliche Aroma eingesogen, bevor er ihn kostete. Er lächelte zufrieden und hoffte, dass Kenta seinen Tee auch mochte.
„Ja, oder? Das ist besser als gedacht!“, hatte er zugestimmt. „Ich hab mich auf die Rezensionen verlassen. Selber war ich noch nie hier. Bin froh, dass wir her gekommen sind!“, fügte er noch hinzu.
Der Plan, war aufgegangen. Also sie gingen, war es wirklich bereits dunkel geworden und das Riesenrad stand in voller Pracht und Beleuchtung da. Die kleinen Waggons baumelten unmerklich, während sich das Fahrgeschäft bewegte.
„Ja, unbedingt!“, hatte Sora auf die Frage, ob er Lust hätte mit dem Riesenrad zu fahren, geantwortet.
Er strahlte regenrecht und war wirklich froh, dass Kenta auch Interesse bekundet hatte.
Ohne zu überlegen, nahm er seine Hand und zog ihn mit schnellen Schritten dort hin.
„Schnell, bevor es ohne uns weiter geht!“, hatte er verkündet und kurz laut gelacht. Er war wie ein Kind, das sich enorm auf etwas freute, das es auf jeden Fall gleich bekommen würde.
Am Kassenhäuschen angekommen zückte Sora sein Portmonee und orderte strahlend, zwei Tickets.
Der ältere Herr lächelte ihn an und händigte sie ihm aus. „Ihr beiden scheint euch aber sehr darauf zu freuen! Lasst mich Teil an euerer Freude haben! Ich geb euch die erste Runde aus. Ihr könnt ja beim nächsten Mal bezahlen!“
„Wie bitte? Nein, das ist doch nicht nötig!“, stammelte Sora. Damit hätte er wirklich nicht gerechnet.
Der Betreiber lächelte erneut. „Meine Frau und ich sind auch auf unserem ersten Date mit eine Riesenrad gefahren. Wir hatten viele glückliche Jahre. Bitte…. Ich bestehe darauf!“
Sora wusste nicht was er sagen sollte. Tatsächlich wurde er etwas rot um die Nase. Er wusste nicht, ob er Kenta ansehen sollte oder nicht. Das war doch gar kein Date…. Oder doch? Er konnte gar keinen klaren Gedanken fassen, da winkte der Betreiber sie lächelnd weiter, da noch andere Gäste Tickets kaufen wollten.
„Habt einfach Spass, ja?“, meinte er.
Der Musiker verneigte sich leicht und bedankte sich mehrfach. Peinlich berührt sah er Kenta an.
„Er denkt, das ist ein Date…“, gab er leise von sich und schmunzelte. Er sagte es aber so, dass man merkte, dass er sich unsicher war, nicht aber, dass er pikiert über diese anmassende Behauptung sein würde.
Sie standen noch einen Augenblick lang da, bis sie endlich einsteigen konnte.
„Bist du schon mal mit so einem Ding gefahren?“, fragte er nun, während sie Platz nahmen.
Er war wirklich total begeistert, hier drin zu sitzen.
„Wie wohl die Aussicht sein wird?“, fragte er und blickte Kenta dabei an. Kurz durchfuhr ihn der Gedanke, dass der Ausblick im Moment schon wahnsinnig schön war. Er schluckte kurz und räusperte sich. Diesen seltsamen Gedanken musste er wirklich abschütteln!
In dem Laden sah sich Sora gut um. Alles war irgendwie interessant. Er hielt gerade eine Kokeshi Figur in der Hand. Diese Holzfiguren die weitere Holzfiguren in sich hatte, die immer kleiner wurden, so wie bei den Matroschka Puppen, als Kenta ihm zeigte, was er ergattern wollte.
„Ah, toll. Kannst du spielen? Also.. ich finde diese Kokeshi sehr interessant. Ist wie ne Zwiebel. Immer mehr Schichten kommen zum Vorschein. Ich mag das. Die würdest du mir schenken wolle? Danke sehr. Aber eigentlich brauche ich ja gar nichts. Dass du hier die Zeit mit mir verbringst, ist für mich viel bedeutungsvoller! Ja, das klingt wahrscheinlich etwas kitschig… Aber ich bin wirklich froh. Ich weiss nicht, wann oder ob ich schonmal so viel Spass hatte. Danke, Kenta!“, meinte er ehrlich.
Ihm war aber schon fast klar, dass der Psychologe ihm das Holzspielzeug dennoch besorgen würde und das war völlig in Ordnung. Nein, es war unbezahlbar!
Bevor sie gingen gab es noch einen traditionellen Zucker-Lolli, den sie selbst aufrollen mussten, solange die Masse noch warm war. Auch das war sehr spassig gewesen.
„Bevor wir unsere Kuchen holen, lass uns noch ein bisschen spazieren, einverstanden?“
Sie gingen eine kleine Weile, bis sie am Sakura Kitcho ankamen. Dem romantischen Weg, der direkt zu einem Riesenrad führte. Von hier konnte man über das Wasser blicken und das Riesenrad gut sehen. Am Abend würde es beleuchtet sein, da wäre es noch schöner, aber ganz so lang waren Sie noch nicht unterwegs. Es würde noch ein gutes Stündchen dauern.
„Dort auf der anderen Seite soll ein gutes Teehaus sein. Hast du Lust? Die sollen auch ausgezeichneten Matcha Pudding haben…. Aber ob der noch rein passt?“
Wenn sie jetzt noch ins Teehaus gehen würden, bestand die Möglichkeit das Riesenrad in voller Pracht zu erleben. Irgendwie hoffte Sora, dass Kenta zustimmen würde, aber wenn nicht, würde er ihn einfach ein anderes mal hier her einladen.
Sora kicherte kurz auf, als er die Katze in der Schüssel sah. Das passte ja gut! „Ja, lass uns rein gehen!“, stimmte er fröhlich zu.
Das Essen sah super aus und duftete himmlisch.
Er zückte sein Handy und schoss ein Bild von den Ramen, dann meinte er: „Ah, warte!“, rutschte näher um ein Self zusammen mit Kenta zu machen.
Dann rutschte er wieder zu seinem Essen und freute sich darüber, dass Kenta wohl genauso viel Spass hatte wie er.
„Ich bin wirklich froh, dass wir das zusammen erleben können! Guten Appetit!“
Er schlürfte von der Brühe, gab einen genussvollen Laut von sich und probierte dann auch sofort die Nudeln, die schön bissfest waren. Das halbe Ei, sah auch so unfassbar verlockend aus!
„Willst du mal probieren?“, fragte er, nahm seinen Löffel, tunkte ihn in seine Brühe und hielt ihn dann Kenta hin.
„Das ist so lecker!!!“, sprach er ihm nochmal lächelnd zu.
Nachdem sie hier ihre Portionen geschafft hatten, begutachteten sie die nächsten Stände und den tollen Aufbau des ganzen Museums.
„Ohhhh, Ikemen-Ramen! Also, da müssen WIR ja wohl unbedingt rein!“, kicherte Sora und zog Kenta regelrecht mit hinein.
Hier waren an den Wänden lauter Fotos von hübschen Männern und auch die Bedienungen waren sehr ansehnlich.
„Waaaahhh“, staunte Sora sehr.
An der Wand war ein Papp-Aufsteller mit muskulösen Männerkörpern ohne Kopf. Sofort stellte er sich dahinter, so dass es aussah, als sei es sein Körper. Das war perfekt für Fotos. Er verzog sein Gesicht und schnitt sämtliche blöden Grimassen. Dann forderte er Kenta auf.
„Na, los, jetzt bist du dran!“, auch die Angestellten, feuerten Kenta an, es seiner Begleitung gleich zu tun.
Es war wirklich lustig und dann bekamen sie auch hier eine Schale mit Ramen.
Sora erinnerte sich nicht daran, wann er das letzte mal so ausgelassen gelacht und sich amüsiert hatte. Es war wirklich toll mit Kenta.
Nachdem die Schale auch leer war sah er ihn mit aufgeblähten Backen an.
„Puh… hier sind noch so viele Stände… aber wenn ich direkt noch was esse, platze ich! Wie sieht es bei dir aus? Sollen wir einfach noch ein bisschen hier rum schlendern und alles auskundschaften?“
Draussen in einem der "Gassen" war ein kleines Häuschen, das traditionelle Spielsachen und Süssigkeiten verkaufte. Das sah auch sehr spannend und nostalgisch aus.
"Magst du da rein?", erkundigte sich Sora lächelnd.
Auch wenn sich Sen natürlich für seinen Schatz freute, war es trotzdem etwas seltsam ihn so schwärmen zu hören. Sonst schwärmte er doch auch nicht so sehr über die Drehs. Ob die Location echt so gut war? Vielleicht sollte sie da wirklich mal zusammen hin.
Er richtete Katsumi eine Schale und erzählte ihm dann von Toumas Fast-Schwager. Jetzt ergab es auch alles viel mehr Sinn! Nicht nur, weil der so schön war, sondern auch das Verhalten seines Arbeitgebers…
Auf dem Sofa wartend klickte sich Sen schon durch die Mediatheken.
„Klar, komm her, mein schöner, machen wir es uns gemütlich! Lust of Romance oder Horror?“
Gerade hatte er einen Film gestartet, da klingelte es und Neil kam herein.
Total überrascht und erfreut zugleich stimmte Sen zu.
„Aber sicher doch! Gerne! Erst heute habe ich eine Eiladung zu einem Casting erhalten und jetzt noch einen richtigen Gig. Mega! Danke Neil! Ja, wenn du das mit Touma klären kannst, wäre das super! Willst du noch was trinken oder so?“
Nachdem der Nachbar weg war, zog er seinen Verlobten näher an sich.
„War heute für uns beide ein guter Tag, hmm?“, wieder küsste er ihn auf die Stirn.
Es war seltsam, dass die Tage zwar schnell zu vergehen schienen aber im selben Moment auch ewig brauchten. Sora war wirklich beschäftigt und trotzdem wollte er unbedingt endlich das Date mit Kenta.
„Woah…. Date?“, stoppte er sich selbst, als er im Tourbus auf seinem Handy nach Restaurants suchte.
„Date? Hat da jemand was von einem Date gesagt?“, fragte der Drummer neugierig und lehnte sich zu Aisu vor.
„Ach, nichts.. ich hab nur plötzlich ne Eingebung für ein Lied gehabt.“
„Ach so…. Das ist ja langweilig. Also, ich werde meine Süsse auf jeden Fall direkt zu einem Date ausführen, wenn wir zu Hause sind. Und danach baller ich ihr ein Baby rein!“
Sora lachte auf. „Was wirklich?!“
„Ja, sie ist einfach die tollste Frau. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder so eine verständnisvolle finden werde!“
„Wie verständnisvoll wird sie sein, wenn sie irgendwann Bilder von dir und irgendwelchen Groupies sieht?“, neckte der Sänger ihn.
Auch der Bassist stieg mit ein. „Willst du sie nicht erstmal heiraten, bevor du sie gleich schwängerst?“
„Ein Kind bindet doch viel mehr als ein Ring!“, blökte der Drummer
„Ja, vor allem den Geldbeutel!“, lachte der Sänger wieder.
Sora blickte den Dummer an, lächelte ihm zu. „Wenn du so fühlst, dann wird es schon richtig sein!“
„Danke Mann… hört ihr?! Wenigstens unser Aisu ist auf meiner Seite, ihr Volksparken!!!“
Sora hörte gar nicht weiter zu sondern beschloss einen schönen Tag für Kenta zu organisieren. Sie würden sich bestimmt über die Zeit noch besser verstehen. Zumindest hoffte er das.
„Wo darf ich dich morgen um 11:00 Uhr abholen? Dresscode: Comfi, Sora“, schrieb er im Anschluss an Kenta.
Mit seinem Toyota Corolla fuhr er dann am nächsten Vormittag vor. Er stieg aus, klingelte und umarmte Kenta wieder, wie zuvor. Er trug wie üblich schwarze Kleidung. Eine enge schwarze Jeans, einen Oversized schwarzen Strick-Pulli mit enorm vielen Löchern, darunter ein schwarzes Trägershirt und eine leichte Lederjacke darüber. Stiefel trug er dieses Mal nicht, aber schwarze Chucks.
„Bereit für einen Tag, den du so schnell nicht vergessen wirst?“, grinste er ihn an und geleitete ihn zu dem alten Vehikel.
„Ja, nicht sonderlich beeindruckend, ich weiss, aber er bringt uns sicher von A nach B, versprochen!“
Sora öffnete ihm die Tür und schloss sie auch, nachdem Kenta Platz genommen hatte, dann stieg er ein.
„Hast du ein bisschen Hunger mitgebracht?“, erkundigte er sich, als er den Motor startete und dann fuhr er fröhlich los.
Der erste Stop war eine kleine Bäckerei, hier durften sie bei der Produktion der Teiglinge zusehen und dann konnten sie die Käsekuchenmasse selbst anrühren und mit Lebensmittelfarbe versetzen. Anschliessend durften sie die halb gebackenen Kuchen noch mit weiterer Teigmasse dekorieren, was eher eine schmutzige, aber doch lustige Angelegenheit war, bevor der Kuchen nochmals gebacken wurde.
„Wir holen unsere fertigen Werke dann heute Abend ab.“, erklärte Sora kurz bevor sie zum nächsten Ziel aufbrachen. Sie fuhren bestimmt eine Dreiviertel Stunde, bis er endlich parkte.
„Okay, ich habe lange überlegt in welches Museum und wo wir essen gehen. Da es so viele gibt, dachte ich, wir verbinden einfach beides!“. Sie liefen vom Parkplatz, zum Haupteingang.
„Tadaaaaa, das Shin Yokohama Ramen Museum!“, gab er freudig von sich und posierte davor mit ausgebreiteten Armen.
„Warst du schonmal hier? Ich selbst hab nur davon gehört.“
Er übernahm den Eintritt und dann gingen sie hinein. Es war wie eine andere Welt. Es sah aus wie viele kleine Gassen in den 50-er Jahren und in jeder dieser Gassen war ein anderes Ramen-Haus.
„Wahnsinn!!!“, strahlte Sora und sah Kenta begeistert an. „Wo sollen wir zuerst probieren?“
„Ja, die Outfits sind hot, oder?“, lachte Sora. „Wir haben sogar Autogrammkarten mit den Klamotten. Ich kann dir gern eine mitbringen. Ja, wir haben ein bisschen gefeiert. Wirklich geil fand ich’s nicht und die vielen fremden die dabei waren, waren auch eher anstrengend… Aber egal, Jetzt bin ich allein und hab dich…. Am Ohr! Das ist wirklich ein echtes Highlight!“, plapperte er unbedacht.
Er richtete sich auf, stöhnte ein bisschen dabei.
„Wo issn…. Wo hab ich…. Aaah, Mist.“, murmelte er. Dann hörte man seine Schritte, er öffnete den Reissverschluss seines Koffers.
„Brauch Shorts, sonst frier ich mir noch was ab, ey… Hab den blöden Koffer schon gepackt… viel zu früh eigentlich… hätte auch morgen noch gereicht… egal….“
Er klemmte sich das Handy zwischen Ohr und Schulter und zog sich seine Shorts an. Dann ging er an den Kühlschrank und holte sich eine Flasche Wasser heraus.
„Moment..“, er schraubte sie auf, trank einige Schlücke, gab einen genüsslichen Laut von sich und sprach dann weiter.
„So, jetzt…. Sag mal, wie geht’s deinem Auge inzwischen? Noch immer Grün-Gelb? Beim nächsten Mal, sagst du mir gleich bescheid, dann bekommt der auch ein buntes Auge von mir, hehe…. Einfach meinen Kenta schlagen… wo kommen wir da hin?!“
Seine Zunge war einfach nicht zu stoppen. Er bemerkte nicht mal so recht, was er da alles von sich gab.
Er nahm auf dem Bett platz und kroch unter die Decke, wo es nicht feucht war.
„Können wir uns in 3 Tagen sehen? Museum und Essen? Ich suche was aus, hmm? Du musst dich um nichts kümmern!“, schlug er nun vor.
„Ich freue mich wirklich, dich wieder zu sehen. Du lächelst immer so schön, da wird mir ganz warm ums Herz. Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Wenn du so lächelst… dann würde ich dich am liebsten vor allem Bösen auf der Welt beschützen…. Haha... keine Ahnung warum… Weisst du es, Herr Psychologe?“, er grinste etwas debil in die Nacht.
Er war einfach nur froh, hier und jetzt mit Kenta reden zu können.
„Oh oh….“, gab er ein paar Sekunden später von sich… „Oh, ooohhhhh“, wiederholte er, dann riss er die Decke von sich, torkelte hastig zum Bad, liess dabei das Handy auf den Teppich fallen und kniete über der Toilette. Der ganze Alkohol wollte nicht in seinem Magen bleiben.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er über der Schüssel hing, er hatte sich danach auf den Boden gelegt und war erschöpft eingeschlafen.
Erst ein paar Stunden später erwachte er, blickte sich orientierungslos um und richtete sich langsam auf. Er hielt sich am Waschbecken fest und zog sich hoch, der Blick in den Spiegel und das angetrocknete Erbrochene an seinem Kinn, sprachen Bände.
„Ah, fuck…“, murmelte er. Dann wusch er sich das Gesicht, spülte sich den Mund aus und ging zurück. Er fand das Handy auf dem Boden. Der Akku war leer.
Genervt und etwas benebelt schloss er es am Nachttisch an und setzte sich aufs Bett. Er wartet, bis er das Telefon starten konnte und fühlte sich total mies.
Er öffnete den Chat mit Kenta und schrieb ihm, dass es ihm leid tat, wie das Gespräch aufgehört hatte. Er musste sich aber keine Sorgen machen. Dann wünschte er ihm noch eine gute Restnacht.
Erneut schlüpfte er unter die Decke und schloss die Augen. Der Weckdienst würde ihn in 3 Stunden aus dem Schlummer reissen.
Sen war verwirrt. Was genau war das denn nun für ein mysteriöser Schönling?
Er trat zurück und ging zur Kaffeemaschine.
„Möchten Sie auch einen?“, fragte er eilig.
„Ja, warum nicht.“
Beide schwiegen bis der Kaffee fertig war und Sen ihm eine Tasse überreichte.
„Also, ich wollte nicht rüber kommen, wie irgend ein Freak. Ich stelle mich vielleicht einfach nochmal kurz vor. Mein Name ist Hayato Kato. Ich wäre Toumas Schwager geworden. Sein verstorbener Verlobter war mein Bruder. Du weisst davon, oder? Nicht, dass ich hier zu viel aus dem Nähkästchen plaudere…“
„Oh, ach so… ja, ich habe davon gehört. Mein herzliches Beileid!“
„Vielen Dank. Es ist schon lange her…. Nun ja, als es damals passierte war ich in Europa. Als Model tätig. Ich hätte da einen Durchbruch haben können, aber nachdem mein Bruder auf so tragische Weise von uns ging…. Habe ich mir irgendwie Vorwürfe gemacht… ich konnte nämlich nicht zur Beerdigung. Ich war sowas wie der Schandfleck der Familie… Hab mich lange nicht blicken lassen… In der Zwischenzeit bin ich aber Modelscout geworden. Für ein recht grosses Label. Und darum bin ich auch hier. Ich soll hier nach besonderen Gesichtern suchen. Und in dem Zug wollte ich Touma auch mal wieder besuchen…. Der Idiot hat sich bei mir entschuldigt, weil er nicht besser auf meinen Bruder aufgepasst hat. Kannst du dir das vorstellen?! Ich war nicht mal bei der Beisetzung! Wenn sich überhaupt jemand entschuldigen müsste, dann ich…. Naja… Genug von dem Geplänkel. Du bist mir gestern schon aufgefallen und ich wollte die Gelegenheit nutzen und dich fragen, ob du an einem Casting interessiert wärst.“
Sen stand mit halb offenem Mund da. Das war verdammt viel Info und er wusste nicht ob er von der Geschichte drum herum gerührt oder bestürzt sein sollte. Im selben Moment wurde er von einem Scout rekrutiert!
„Ja, na klar!“, platzte es dann freudig aus ihm.
„Super! Das wird grossartig. Kannst du übermorgen um 18 Uhr im Club Orange sein? Weisst du wo der ist? Wir haben dort einen Probelaufsteg aufgebaut. Da kannst du zeigen, was du drauf hast. Ich halte grosse Stücke auf dich und unter uns… Touma hat sehr gut über dich gesprochen. Ach ja, hier, meine Karte“, er griff in seine Jackeninnentasche, überreichte sie ihm und verabschiedete sich, ohne den Kaffee getrunken zu haben.
„Wahnsinn!“
Am Abend hatte Sen seine liebe Oma besucht, die ihm lauter Essen einpackte, dass er Katsumi mitbringen sollte. Sie freute sich sehr über die Entwicklungen und lud das Paar für das Wochenende zum Dinner ein.
Vollgefressen kam Sen zu Hause an, er verstaute die Lebensmittel im Kühlschrank und wärmte aber schon etwas Eintopf auf. Der Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es wohl nicht mehr all zu lang dauern würde, bis sein Liebster heim kommen würde.
Eine Halbe Stunde später war Katsumi tatsächlich daheim
„Hallo mein Liebling! Wie war dein Dreh?“, freute er sich, umarmte ihn und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Ich hab Essen für dich! So wie du riechst, kannst du das gut gebrauchen, sonst hast du morgen einen Kater!“, lächelte er.
Dann berichtete er knapp, dass er bald ein Casting hatte und fragte Katsumi, ob er ihn begleiten wollte.
Mit einem wirklich guten Gefühl im Bauch hatte Sora die Praxis verlassen. Auf dem Weg nach Hause, hatte er die Nachrichten erhalten.
„Vielen Dank! Die hebe ich mir für die Tage auf, an denen wir nicht reden können. Pass auf dich auf. Sora“, hatte er freudig geantwortet. Daheim hatte er sich einfach nur auf sein Bett gesetzt und an der Akustik-Gitarre herumgezupft, bevor er sich wirklich wieder auf den Weg machen musste um rechtzeitig bei seinen Bandkollegen zu sein.
Die nächsten Tage waren wirklich sehr durchgetaktet und er kam abends nicht dazu Kenta anzurufen. Dennoch hatte er ihm geschrieben, dass es nicht klappen würde. In einer Nacht hatte er den Drang sich bei ihm zu melden, aber er entschied sich dagegen. Es war wieder gegen 3 Uhr gewesen und auch wenn Kenta es ihm angeboten hatte, hatte Sora ein schlechtes Gewissen. War das nicht ganz schön einseitig? Was bot er denn im Gegenzug an? Er hörte sich eine der neuen Aufnahmen an und merkte direkt, wie all seine negativen Gedanken verflogen. Er dämmerte sogar recht bald ein. Er wurde kurz wach, als die Stille sich ausbreitete, da die Aufnahme zu Ende war.
„Hab ich nicht auf die Schleife gedrückt?“, murmelte er. Dann nahm er eine Sprachnachricht auf. Seine Stimme klang leicht kratzig, da er ja bereits eingeschlafen gewesen war.
„Hey, ich wollte dich nicht von deinem Schönheitsschlaf abhalten. Habe mir deine Aufnahme angehört. Danke dafür. Ist grossartig. Wie geht’s deinem Auge eigentlich? Naja…. Ich hoffe du schläfst gut…. Ich werd’s auch direkt nochmal versuchen….. also…. Gute Nacht. Achse… hier war Sora…“
Dann spielte er die Aufnahme seines Psychologen erneut ab und schlief auch bald wieder ein.
Am nächsten Abend, nach dem finalen Konzert an diesem Ort, wurde ausgiebig gefeiert und er kam auch nicht drum herum, ein paar Fläschchen und Gläser mitzutrinken.
In sein Hotelzimmer torkelnd hielt er sich an der Wand fest und stolperte dann über die Hausschuhe des Zimmers. Er konnte sich aber gerade noch abfangen, lachte schallend auf und ging zur Toilette. Nachdem er sich erleichtert hatte entschied er, dass es eine gute Idee wäre jetzt zu duschen. Anschliessend torkelte er zu seinem Bett und liess sich nass darauf fallen, dabei hatte er davor noch nach dem Handy gegriffen und rief nun Kenta an.
„Woo hoooo…. Wir haben’s geschafft! Morgen geht die Reise weiter! Ich bins, Sora. Alles gut bei dir?“, gab er angetrunken von sich, klang aber besonders überschwänglich. Dennoch war ganz klar, dass er Alkohol konsumiert hatte.
„Was treibst du so? Ich bin grad fast auf die Fresse geflogen!“, meinte er und prustete los.
„Aber jetzt hab ich geduscht und lieg auf meinem Bett… Oh… Shit… ich hab das Handtuch total vergessen…. Naja... egal… das Bett wird bestimmt wieder trocken…. Hahah... Gott, habe ich deine Stimme vermisst! Erzähl mir, wie war dein Tag?“
„Mach dir keinen Kopf, da kannst du dich komplett auf mich verlassen. Ich übernehme die Führung!“, grinste er und zwinkerte frech.
„Also, es ist jetzt nicht so, als würde ich besonders viel machen… privat… Jetzt mit der Tour sowieso so gut wie gar nicht. Aber, es gibt schon ein paar Dinge, die ich gern nicht allein unternehmen würde. Es gibt einige Restaurants oder Museen für die ich mich begeistere, in die ich aber nie gegangen bin, weil ich das irgendwie peinlich finde, allein am Tisch zu sitzen. Da sieht man aus als hätte einen das Date sitzen lassen, oder?“
Er grinste. Er war wirklich begeistert von dem Gedanken, mit Kenta ein paar dieser Orte zu besuchen.
„Vielleicht ist das für die Gesprächstherapie ja fördernd. Ich meine, dann lernst du mich besser kennen und kannst vielleicht auch noch besser durchblicken, warum ich so bin wie ich bin… Was meinst du? Ausserdem kann ich dich dann auch besser kennenlernen! Du bist so inspirierend! Ich habe großen Respekt vor deiner Leistung.“
Er sah kurz auf seine Armbanduhr.
„Noch ne viertel Stunde… schade, wie schnell die Zeit bei dir vergeht!“, lächelte er. „Schön, wenn wir zukünftig dahingehend nicht ganz so limitiert sind!“, meinte er sanft.
„Ich fahre heute Mittag wieder zurück und die nächsten Tage sind dann wieder recht durchgetaktet. Wenn du aber magst, könnten wir nach den Konzerten telefonieren…. Oder besser gesagt, könnte ich mich melden, sobald ich mit allem durch bin. Manchmal gehen wir danach ja noch was trinken oder zu irgendwelchen anderen Locations. Und wenn du dann nicht zu müde bist, können wir uns erzählen, wie unsere Tage so waren? Also.. es muss natürlich nicht jeden Abend sein… das wäre vielleicht schon etwas übertrieben. Aber… dass ich wenigstens hin und wieder deine Stimme hören kann, bis wir uns wieder sehen.“
Er sah ihn fast schon flehend an. Hoffentlich war Kenta nicht einfach nur zu nett und sagte bei allem zu. Wenn ihm etwas zu viel war, dann würde er das doch sagen, oder? Er wollte einen ehrlichen Umgang mit ihm pflegen.
„Bitte sag mir, wenn ich dir zu aufdringlich oder zu fordernd bin. Ich kann manchmal ein bisschen einnehmend sein, wenn ich für etwas brenne…“
Okay, das klang komisch, oder?
„Also… ich meine… ich freue mich einfach, dich besser kennenzulernen.“
Sora sah, wie der Mann sich erhob und dann streckte er ihm die Hand entgegen.
Hoch erfreut stand er auch auf, lächelte breit, gab ihm ebenfalls die Hand und lachte: „Sora, freut mich auch!“, dann zog er die Hand und somit auch den Mann näher an sich, legte den freien Arm um ihn und klopfte ihm zweimal sachte damit auf den oberen Rücken, dann liess er ihn wieder los und bekam das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht.
„Du riechst gut!*, merkte er unverblümt an.
Dann ging er etwas unbeholfen wieder an seinen Platz, strich sich mit dem Daumen über die Stirn und grinste nochmals.
„Danke!“, gab er sichtlich begeistert und erleichtert von sich.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Sie… ehm du, dem zustimmst. Ich glaube, es wird so leichter für mich. Auf der anderen Seite hoffe ich natürlich, dass ich dich damit nicht allzu sehr überrumpelt habe. Wenn du es dir also wieder anders überlegen willst, ist das auch okay für mich.“
Kenta war wirklich ein fantastischer Mensch! Das er so sehr auf ihn eingehen würde, damit hätte er der Gitarrist niemals gerechnet.
„Heisst das, dass wir uns auch ausserhalb der Sitzungen sehen oder lieber doch erstmal nur hier? Oder…. Wollen wir uns erst Gedanken darüber machen?“
Am Liebsten hätte er ihn direkt zum Essen eingeladen.