|
|
„Ich erlaube mir, mir selbst ein Urteil zu machen!“, grinste Sora auf den Kommentar mit dem Ohrenbluten.
Das was der Psychologe im Anschluss erklärte, ergab sehr viel Sinn und trotzdem fühlte es sich seltsam an. Es war also nur eine Fassade? Seine Karriere, sein Alter Ego.
„Ja, Sie haben Recht, auf der Bühne fühle ich mich von Energie durchströmt, ganz gleich, wie viele Auftritte ich hintereinander habe. Es ist fast wie ein Rausch! Ein unglaublich … entschuldigen Sie den Ausdruck…. Geiles Gefühl, das am Besten gar nicht vergehen sollte! Ich bin danach zwar echt im Eimer, aber das Gefühl, bleibt recht lang. Es flacht erst ab, wenn ich dann allein im Hotel bin. Wobei… manchmal auch, wenn wir danach noch feiern gehen. Da möchte ich mich dann relativ schnell zurückziehen.“
Danach berichtete er, wie die letzten Tage waren. Die Auftritte, die Stimmung, das Essen und dann erzählte er auch von der Probe, bei der der Sänger ihm das Lied streitig machen wollte.
„Das Lied konnte ich ihm nicht überlassen! Unter keinen Umständen!“, meinte er mit festem Ton, lächelte dann aber.
„Es ist für Sie!“
Er sah ihn an, vielleicht einen Moment zu intensiv.
Sora fühlte sich seltsam wohl. Dann fielen ihm seine eigenen Gedanken wieder ein. Er ist dein Psychologe! Mach dich nicht lächerlich!
Er räusperte sich kurz, rutschte auf der Sitzgelegenheit etwas hin und her und griff dann nach der Tasse. Er führte sie näher an sein Gesicht. Der herrliche Duft drang in seine Nase. Kurz schloss er die Augen, sog ihn ein und nahm dann einen kleinen Schluck.
Zufrieden lächelte er.
„Dieser Tee ist wirklich gut!“, schwärmte er.
Er hielt die Tasse weiter in den Händen und sah den Psychologen an. Das zarte Gesicht, die gut sitzenden Haare, die elegante Körperhaltung. Dieser Mann strahlte Kompetenz und etwas sehr elegantes aus! Das einzige, das diese Perfektion zu unterbrechen versuchte, war das blaue Auge. Sie war fast wie ein Bild seiner Zerbrechlichkeit, die, die er nur zeigte, wenn er sich über niedliche Dinge freute. Das war der Moment, in dem er nicht nur wie ein sehr kompetenter Mann herüber kam, sondern auch wie ein ausgesprochen liebenswerter.
Alles an ihm schien eine eigene Geschichte zu erzählen. Allerdings auch eine, die Sora nur noch mehr zeigte, wie wenig er selbst zu bieten hatte.
„Ich bin von meinem 12 bis zu meinem 16. Lebensjahr im Kinderheim gewesen. Danach bin ich abgehauen und hab versucht, mich selbst durchzuschlagen. Hab ein paar Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin. Mit 21 hab ich aber die Kurve gekriegt. Hab sogar meinen Schulabschluss nachgeholt.“
Kurz musterte er ihn, fühlte sich aber in dem
Moment etwas minderwertig.
„Dachte, das sollten Sie wissen. Vielleicht hilft das ja…. Naja… bei der Therapie.“
Nervös umschloss er mit den Händen die Tasse fester. Also, wenn der Psychologe ihn nicht schon vorher lächerlich fand, dann bestimmt jetzt, oder?

"Ein Rausch beschreibt es sehr gut. Dopamin ist quasi unsere natürliche Droge und das durchströmt Sie bei Ihren Auftritten vermehrt. Natürlich kann der Körper das aber nicht unendlich viel am Stück produzieren und so brauchen Sie und Ihr Körper auch mal eine Pause. Es kann auch sehr kräftezehrend sein, wenn man nach einem solchen Dopaminschub auch noch sozial eingespannt ist und nicht die Ruhe bekommt, die der Körper benötigt, um die Batterien wieder aufzuladen. Hören Sie da ruhig auf ihren Körper und übernehmen Sie sich nicht, denn auch, wenn sie dabei Spaß haben, kann sowas ebenfalls zu einem Burnout führen", sprach der Psychologe ruhig.
Die Erzählungen von den letzten Tagen ließen den Mann lächeln. Sora ging total in seiner Rolle als Musiker auf und das merkte man gleich.
Er schaffte es jedoch auch, den Psychologen erröten zu lassen. Das Lied war für ihn? Er hatte ihn inspiriert, das hatte er bereits gesagt, aber er widmete es ihm auch noch?
Kenta konnte nicht anders, als sich kurz verlegen zu räuspern und dem intensiven Blick des anderen kurz auszuweichen.
"Herr Higashi, ich fühle mich wirklich geehrt", gestand er leise, wagte es dann auch wieder ihn anzulächeln.
Es herrschte einen Moment Stille, bis Sora vom Tee schwärmte und Kenta noch einmal zustimmte, immerhin war es sein absoluter Lieblingstee.
Die Information zum Kinderheim ließ ihn schwer schlucken. Das klang nach einer extrem harten Kindheit!
"Viele meiner Patienten waren im Kinderheim... Das liegt wohl daran, dass man mental meist stabiler aufwächst, wenn man in einer gefestigten, liebevollen Familie aufwächst. Es ist nicht leicht, wenn man in so jungen Jahren bereits auf sich gestellt ist und kein richtiges Vorbild hat. Ich kenne nur furchtbare Geschichten aus dem Heim und ich hoffe, dass Ihre nicht auch so tragisch ist. Es war ein starker Schritt, dort wegzugehen und mit gerade mal 16 das eigene Leben in die Hand zu nehmen, Sie können stolz darauf sein, dass Sie es so weit geschafft haben. Kein Mensch ist Fehlerfrei und jeder hat mal dumme Dinge getan, aber Sie haben sich aufgerafft und sogar Ihren Schulabschluss nachgeholt, aller Achtung", sprach er ihm gut zu, wobei er es auch absolut ehrlich meinte.
"Es ist gut, wenn Sie ihre Jugend und ihre Kindheit noch einmal aufholen. Viele Traumata, Ängste und dergleichen entstehen bereits in der frühen Kindheit, ohne dass man das selbst merkt. Eltern oder Erziehungsberechtigte, Lehrer, Mitschüler... jeder kann dazu beitragen, dass einem Menschen im späteren Leben Dinge schwerer fallen, als anderen. Ein gutes Beispiel sind Versagensängste", begann er zu erklären, wobei er ein Beispiel brachte, wie Versagensängste durch das Verhalten der Eltern entstehen können. "Und das ist nur eine kleine Sache, es gibt natürlich viel mehr, aber das ist ein Beispiel, wie die Kindheit einen früh prägt und man es meist erst merkt, wenn es schon beinahe zu spät ist", lächelte er.
"Sie wissen, dass Sie mir alles jederzeit erzählen dürfen und auch alles ein Schritt in die richtige Richtung ist. Lassen Sie weiterhin alles einfach raus, was Ihnen so einfällt, egal wie unscheinbar oder unwichtig es Ihnen vorkommt, es kommt Ihnen nicht grundlos ins Gedächtnis", ermutigte Kenta seinen Patienten.
Es war ihm wichtig, dass er offen mit ihm sprach, doch noch hielt er sich mit gewissen Informationen zurück. Die Dinge, auf die Sora nicht stolz war, konnten vieles sein. Von Diebstahl über Drogenmissbrauch bis hin zur Prostitution. Das waren wichtige Details, die Kenta helfen konnten, ihn zu verstehen und auch eine Diagnose zu schließen.
Der Psychologe musterte Sora ab und zu auch genauer, er analysierte seine Körpersprache und dabei fiel ihm auf, wie unfassbar schön Soras Hände waren, die die Tasse regelrecht nach Hilfe suchend umschlossen. Die schmalen, jedoch geschickten Finger deuteten bereits darauf hin, dass er ein geborener Gitarrist war. Ob Sora auch Klavier spielen konnte? Kenta hatte es gezwungenermaßen gelernt und nutzte dieses Können nur äußerst selten, da ihm Dinge, die er von seinen Eltern aufgezwungen bekommen hatte, eher mied.

Dr. Hayashi fühlte sich geehrt. Sora lauschte und wartete auf ein „Aber“, doch dieses folgte nicht. Wahrscheinlich wollte der Psychologe nicht unhöflich sein. Sora würde sich wohl eher öffnen, wenn sie alles schön neutral hielten, als wenn er einen Korb bekäme. So war es ganz bestimmt.
Diese Gedanken gingen dem Gitarristen durch den Kopf. Er hörte auch allem anderen aufmerksam zu. Er sollte einfach sagen, was ihm in den Sinn kam? Das meinte der Psychologe doch nicht ernst, oder? Nein, auch hier musste gefiltert werden. Man konnte doch nicht einfach frei Schnauze alles hinausposaunen. Das mochte niemand und wahrscheinlich würde er dann abgeführt werden.
„Danke, Dr. Hayashi!“, meinte er dann. „Manchmal ist meine Zunge aber schneller als mein Hirn!“, er schmunzelte dann musterte er ihn eine Weile still.
„Wenn ich Ihnen eine Frage stelle, beantworten Sie sie dann ehrlich, als Mensch oder analytisch als Psychologe?“, gab er dann von sich.
„Also, angenommen ich würde sagen: Ich esse gern Reisomlette aber ich muss oft auf den Reis verzichten, damit ich nicht auseinander gehe wie ein Hefezopf. Würden Sie dann sagen: Ich esse auch gern Reisomlette oder würden Sie sagen: haben Sie zu grosse Angst zuzunehmen, damit sie nicht mehr performen können, oder irgend so etwas….?“
Er legte sich vor und stützte seine Ellenbogen auf den Knien ab.
„Das klingt jetzt vielleicht nicht wie das beste Beispiel… aber, auf was ich hinaus möchte ist… können wir wie ganz normale Männer im selben Alter miteinander reden? Ich denke, dann könnte ich mich besser öffnen… so…. So.... habe ich das Gefühl, dass Sie mich einfach nur die ganze Zeit analysieren würden…. Ich meine, es ist ihr Job… und darum bin ich auch hier… aber…“ er lehnte sich wieder zurück, warf den Kopf in den Nacken und strich sich die langen Haare aus dem Gesicht.
Er atmete laut aus und rang mit Worten, bevor er sie dann einfach ausspie:
„Ich habe nicht besonders viele Freunde, verstehen Sie? Ja, da ist die Band und ja, da sind die Fans… aber, ich habe keine Vertrauensperson in dieser Form. Niemand mit dem ich mal abhänge und nörgle oder lache oder sowas. Ich weiss, dass ist wahrscheinlich zu viel verlangt und entspricht nicht ihrem Kodex, als Psychologe… haben Sie sowas? Keine Ahnung, Ärzte haben ja auch nen Eid…. Naja... also…. Oh Mann. Können wir einfach locker miteinander umgehen, ohne das… ich die Befürchtung habe, das Sie mich für einen Witz halten?“
Er hatte es ausgesprochen… endlich. Er war sich zwar nicht sicher, ob das in irgend einer Form verständlich war. Aber es war raus aus seinem System und das war irgendwie erleichternd.

Kenta schmunzelte. "Das ist nicht schlimm, ich meine nur, dass die Dinge, die Ihnen in den Kopf kommen, nicht grundlos aufkommen. Wie das mit dem Heim, das ist eine Information, die mir dabei hilft, Sie besser zu verstehen. Sowas können Sie mir jederzeit anvertrauen", erklärte er.
Die Frage ließ ihn den Kopf leicht schief legen.
"Wie genau meinen Sie das?", hakte er nach.
Interessiert lauschte er dem Beispiel, dachte auch gleich darüber nach. Wie würde er antworten?
Er ließ Sora erst einmal komplett aussprechen, lächelte ihn dabei wohlwollend an.
"Herr Higashi, ich würde sagen.... Es kommt drauf an. Einerseits würde ich sagen, dass Reisomelette ohne Reis einfach nur ein Omelette ist und man nicht auf sowas verzichten sollte, auch Angst zuzunehmen und andererseits liebe ich Reisomelette und finde es eine Schande das nicht zu genießen", grinste er leicht.
"Außerdem halte ich Sie nicht für einen Witz, egal was Sie sagen, also bitte denken Sie auch nicht so von sich", merkte er an.
Er sah den Rockstar einen Moment an, lächelte schließlich wieder wohlgesonnen und erhob sich. Wenn Sora jemanden brauchte, den er als Freund sehen und mit ihm auf Augenhöhe sprechen konnte, dann sollte er das haben.
"Kenta, freut mich sehr", lächelte er deshalb und hielt Sora seine Hand hin, als würde er sich einem Fremden vorstellen. Da er aber seinen Vornamen nutzte, was in Japan eher unter Freunden üblich war, entschied er sich auch dazu, sich nicht zu verbeugen, sondern wie ein Europäer seine Hand zu schütteln. Es war offensichtlich eine Zustimmung, nein, ein Angebot, welches Kenta seinem Patienten machte. Wenn sie auf Augenhöhe sein wollten, dann konnten sie sich doch auch mit dem Vornamen ansprechen, oder nicht? So war die Distanz geringer und Sora kam sich hoffentlich weniger wie ein Patient vor.
Nie zuvor war Kenta auf sowas eingegangen, aber irgendwas an Sora war anders. Irgendwas an ihm faszinierte ihn so sehr, dass auch er es schöner fand, wenn sie Freunde werden würden.

Sora sah, wie der Mann sich erhob und dann streckte er ihm die Hand entgegen.
Hoch erfreut stand er auch auf, lächelte breit, gab ihm ebenfalls die Hand und lachte: „Sora, freut mich auch!“, dann zog er die Hand und somit auch den Mann näher an sich, legte den freien Arm um ihn und klopfte ihm zweimal sachte damit auf den oberen Rücken, dann liess er ihn wieder los und bekam das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht.
„Du riechst gut!*, merkte er unverblümt an.
Dann ging er etwas unbeholfen wieder an seinen Platz, strich sich mit dem Daumen über die Stirn und grinste nochmals.
„Danke!“, gab er sichtlich begeistert und erleichtert von sich.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Sie… ehm du, dem zustimmst. Ich glaube, es wird so leichter für mich. Auf der anderen Seite hoffe ich natürlich, dass ich dich damit nicht allzu sehr überrumpelt habe. Wenn du es dir also wieder anders überlegen willst, ist das auch okay für mich.“
Kenta war wirklich ein fantastischer Mensch! Das er so sehr auf ihn eingehen würde, damit hätte er der Gitarrist niemals gerechnet.
„Heisst das, dass wir uns auch ausserhalb der Sitzungen sehen oder lieber doch erstmal nur hier? Oder…. Wollen wir uns erst Gedanken darüber machen?“
Am Liebsten hätte er ihn direkt zum Essen eingeladen.

Kenta hatte nicht im Geringsten damit gerechnet, dass Sora ihn näher ziehen würde, um ihn quasi zu umarmen. Es warf ihn tatsächlich einen kurzen Moment aus der Bahn, weshalb er nur zaghaft reagierte.
Die folgenden Worte ließen ihn dann aber doch hochrot werden.
"D-danke...", entwich es ihm lächelnd und doch etwas beschämt.
Er trug tatsächlich sein Lieblingsparfum und freute sich auch, dass Sora es scheinbar auch zusagte, doch für gewöhnlich kam er keinem so nahe und so hatte ihn das ein wenig überrumpelt.
Der Psychologe setzte sich ebenfalls wieder hin und versuchte die Situation automatisch wieder zu analysieren und einzuschätzen.
"Nein, schon gut! Ich überlege es mir nicht mehr anders und zu sehr hast du mich auch nicht überrumpelt! Ich... bin sowas nur nicht gewohnt, normalerweise halte ich den Abstand zwischen Patient und Psychologe streng ein... Aber ich denke, dass man bei allem mal eine Ausnahme machen kann, nicht wahr?", lächelte der Mann hübsch.
Außerhalb...? Meinte Sora etwa so richtige Verabredungen? Wie Freunde es nun mal handhabten?
Für einen kurzen Moment starrte er ihn wohl an, bevor er sich räusperte und leicht errötet den Blick abwendete.
"Ich... hätte nichts dagegen, wenn wir uns auch außerhalb sehen würden, allerdings muss ich dich vorwarnen... Ehrlich gesagt, kenn ich mich mit sowas kaum aus! Ich hatte nie viel Zeit für Freundschaften und gehe wirklich nicht oft aus. Das Studium und die Arbeit haben immer viel Zeit in Anspruch genommen und dadurch hab ich irgendwie verlernt, wie man mit Freunden was unternimmt", gestand er sichtlich beschämt.
Er schluckte schwer, kratzte sich verlegen lächelnd im Nacken und sah ihn wieder an.
Wie wollte Sora das alles nun handhaben? Sollte er ihn überhaupt noch therapieren und analysieren, aber das dann nicht gleich sagen? Würden sie dafür einen Sondertermin festlegen, wo er mit ihm über seine psychologischen Schlussfolgerungen sprach, nachdem sie sich eine Weile mehrmals gesehen hatten?
Kenta konnte das noch nicht richtig einschätzen.

Begeistert klatschte Sora kurz in die Hände.
„Mach dir keinen Kopf, da kannst du dich komplett auf mich verlassen. Ich übernehme die Führung!“, grinste er und zwinkerte frech.
„Also, es ist jetzt nicht so, als würde ich besonders viel machen… privat… Jetzt mit der Tour sowieso so gut wie gar nicht. Aber, es gibt schon ein paar Dinge, die ich gern nicht allein unternehmen würde. Es gibt einige Restaurants oder Museen für die ich mich begeistere, in die ich aber nie gegangen bin, weil ich das irgendwie peinlich finde, allein am Tisch zu sitzen. Da sieht man aus als hätte einen das Date sitzen lassen, oder?“
Er grinste. Er war wirklich begeistert von dem Gedanken, mit Kenta ein paar dieser Orte zu besuchen.
„Vielleicht ist das für die Gesprächstherapie ja fördernd. Ich meine, dann lernst du mich besser kennen und kannst vielleicht auch noch besser durchblicken, warum ich so bin wie ich bin… Was meinst du? Ausserdem kann ich dich dann auch besser kennenlernen! Du bist so inspirierend! Ich habe großen Respekt vor deiner Leistung.“
Er sah kurz auf seine Armbanduhr.
„Noch ne viertel Stunde… schade, wie schnell die Zeit bei dir vergeht!“, lächelte er. „Schön, wenn wir zukünftig dahingehend nicht ganz so limitiert sind!“, meinte er sanft.
„Ich fahre heute Mittag wieder zurück und die nächsten Tage sind dann wieder recht durchgetaktet. Wenn du aber magst, könnten wir nach den Konzerten telefonieren…. Oder besser gesagt, könnte ich mich melden, sobald ich mit allem durch bin. Manchmal gehen wir danach ja noch was trinken oder zu irgendwelchen anderen Locations. Und wenn du dann nicht zu müde bist, können wir uns erzählen, wie unsere Tage so waren? Also.. es muss natürlich nicht jeden Abend sein… das wäre vielleicht schon etwas übertrieben. Aber… dass ich wenigstens hin und wieder deine Stimme hören kann, bis wir uns wieder sehen.“
Er sah ihn fast schon flehend an. Hoffentlich war Kenta nicht einfach nur zu nett und sagte bei allem zu. Wenn ihm etwas zu viel war, dann würde er das doch sagen, oder? Er wollte einen ehrlichen Umgang mit ihm pflegen.
„Bitte sag mir, wenn ich dir zu aufdringlich oder zu fordernd bin. Ich kann manchmal ein bisschen einnehmend sein, wenn ich für etwas brenne…“
Okay, das klang komisch, oder?
„Also… ich meine… ich freue mich einfach, dich besser kennenzulernen.“

Sora Zuversicht war wirklich ansteckend.
"Gut, dann verlasse ich mich auf dich", stimmte Kenta lächelnd zu. Er konnte kaum glauben, dass sie wirklich vorhatten sich privat zu treffen. Würde das funktionieren? War das wirklich in Ordnung? Kenta war unsicher, aber er freute sich wirklich darauf. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, dass er ausgegangen war und auch, dass er generell Freunde getroffen hatte. Die meisten wohnten nun wirklich weit weg und mit den anderen war der Kontakt irgendwie verloren gegangen. Es wa also wirklich erfrischend, dass er demnächst wohl mal wieder rauskommen würde.
Kentas Augen strahlten plötzlich, als Sora tatsächlich Museen erwähnte. Der Rockstar wollte ernsthaft Museen besuchen?! Das war der absolute Jackpot! Er selbst war auch ungern allein zu diesen Orten unterwegs, weshalb er das ewig vor sich her schob.
"Ich weiß genau, was du meinst. Allein gehe ich auch generell selten essen und wenn, dann nur in die Restaurants, die extra für die Leute sind, die eben allein essen! Also die mit diesen Trennwänden, wo man die Bedienung auch nicht sieht!", gestand er leicht lachend.
"Ich würde mich sehr freuen, wenn wir mal ins Museum oder essen gehen würden... Vielleicht kann man das auch gleich an einem Tag verbinden."
Für einen Moment hatte Kenta ausgeblendet, dass hier sein Patient saß, doch Sora holte ihn zurück in die Realität.
"Das ist eine wirklich gute Idee, ich bin mir sicher, dass das helfen könnte.. und.. danke, ich habe ebenfalls großen Respekt vor deiner!", erwiderte er ehrlich.
Sora war hier wohl viel eher derjenige, der Respekt verdiente. Er rockte die Bühne, schrieb Songs, lebte sein Leben in vollen Zügen und wagte sich auch hierherzukommen. Er war wirklich bemerkenswert.
Soras Lächeln wurde gleich erwidert. Nur zu gerne wollte er ihm anbieten, noch eine Weile zu bleiben, denn der nächste Termin war erst in 2 Stunden, aber er wollte sich ihm auch nicht aufdrängen, vor allem weil er heute Mittag ja auch wieder zurückmusste.
"Ruf mich an, wann immer dir danach ist", stimmte er auch hier sanft lächelnd zu. Kenta war es absolut recht, er hörte Sora sehr gerne zu und half ihm auch gerne. Er nahm sich auch fest vor, Sora die Aufnahmen noch zu schicken, die er gemacht hatte, immerhin waren sie für ihn und wenn Sora mal nicht anrufen wollte, hatte er trotzdem die Stimme griffbereit, die ihm so viel Ruhe schenkte.
Er winkte sofort ab, als er das Wort "aufdringlich" hörte.
"Nein, keine Sorge, ich sag dann schon Bescheid, versprochen", antwortete er, doch erst dann kam der letzte Satz in seinem Hirn an. "Wenn ich für etwas brenne"? Meinte Sora ihn? Seine Stimme? Den Willen, wieder gesund zu werden?
"Ich freue mich auch, ehrlich."
Es war schade, dass er Sora dann doch wieder gehen lassen musste, doch als er weg war, schickte er ihm gleich die beiden Tonaufnahmen.
"Damit ich nicht vergesse, sie dir zu schicken. Viel Spaß bei der Tour", schrieb er dazu.
Der Psychologe erwischte sich an diesem Tag mehrfach dabei, wie er immer mal wieder die Aufnahme anhörte, die Sora ihm gemacht hatte. Er hatte zwar keine mit dem Text, aber den hörte er in seinem Kopf sowieso. Es war eine große Ehre, dass Sora ihm diesen Song gewidmet hatte und er freute sich auch, dass er eine Inspiration für ihn sein konnte. Vielleicht würde hier noch eine wunderbare Freundschaft entstehen, wenn das so weiterging. Auch als Freund könnte er den anderen psychologisch unterstützen, da war er sich sicher.
Zu Hause las er auch diesmal wieder vor, doch die Aufnahme sparte er sich für einen anderen Zeitpunkt auf, immerhin hatte Sora bereits 3 Audiodateien, die würden sicher erst einmal reichen.
Er konnte es kaum erwarten, dass Sora ihn wieder mal anrief oder sie sich verabredeten.

Mit einem wirklich guten Gefühl im Bauch hatte Sora die Praxis verlassen. Auf dem Weg nach Hause, hatte er die Nachrichten erhalten.
„Vielen Dank! Die hebe ich mir für die Tage auf, an denen wir nicht reden können. Pass auf dich auf. Sora“, hatte er freudig geantwortet. Daheim hatte er sich einfach nur auf sein Bett gesetzt und an der Akustik-Gitarre herumgezupft, bevor er sich wirklich wieder auf den Weg machen musste um rechtzeitig bei seinen Bandkollegen zu sein.
Die nächsten Tage waren wirklich sehr durchgetaktet und er kam abends nicht dazu Kenta anzurufen. Dennoch hatte er ihm geschrieben, dass es nicht klappen würde. In einer Nacht hatte er den Drang sich bei ihm zu melden, aber er entschied sich dagegen. Es war wieder gegen 3 Uhr gewesen und auch wenn Kenta es ihm angeboten hatte, hatte Sora ein schlechtes Gewissen. War das nicht ganz schön einseitig? Was bot er denn im Gegenzug an?
Er hörte sich eine der neuen Aufnahmen an und merkte direkt, wie all seine negativen Gedanken verflogen. Er dämmerte sogar recht bald ein. Er wurde kurz wach, als die Stille sich ausbreitete, da die Aufnahme zu Ende war.
„Hab ich nicht auf die Schleife gedrückt?“, murmelte er. Dann nahm er eine Sprachnachricht auf. Seine Stimme klang leicht kratzig, da er ja bereits eingeschlafen gewesen war.
„Hey, ich wollte dich nicht von deinem Schönheitsschlaf abhalten. Habe mir deine Aufnahme angehört. Danke dafür. Ist grossartig. Wie geht’s deinem Auge eigentlich? Naja…. Ich hoffe du schläfst gut…. Ich werd’s auch direkt nochmal versuchen….. also…. Gute Nacht. Achse… hier war Sora…“
Dann spielte er die Aufnahme seines Psychologen erneut ab und schlief auch bald wieder ein.
Am nächsten Abend, nach dem finalen Konzert an diesem Ort, wurde ausgiebig gefeiert und er kam auch nicht drum herum, ein paar Fläschchen und Gläser mitzutrinken.
In sein Hotelzimmer torkelnd hielt er sich an der Wand fest und stolperte dann über die Hausschuhe des Zimmers. Er konnte sich aber gerade noch abfangen, lachte schallend auf und ging zur Toilette. Nachdem er sich erleichtert hatte entschied er, dass es eine gute Idee wäre jetzt zu duschen. Anschliessend torkelte er zu seinem Bett und liess sich nass darauf fallen, dabei hatte er davor noch nach dem Handy gegriffen und rief nun Kenta an.
„Woo hoooo…. Wir haben’s geschafft! Morgen geht die Reise weiter! Ich bins, Sora. Alles gut bei dir?“, gab er angetrunken von sich, klang aber besonders überschwänglich. Dennoch war ganz klar, dass er Alkohol konsumiert hatte.
„Was treibst du so? Ich bin grad fast auf die Fresse geflogen!“, meinte er und prustete los.
„Aber jetzt hab ich geduscht und lieg auf meinem Bett… Oh… Shit… ich hab das Handtuch total vergessen…. Naja... egal… das Bett wird bestimmt wieder trocken…. Hahah... Gott, habe ich deine Stimme vermisst! Erzähl mir, wie war dein Tag?“

Soras Antwort zauberte ihm gleich ein Lächeln ins Gesicht. Es war wirklich schön, dass sie so locker miteinander schreiben konnten.
Während Sora auf Tour war, blieb Kentas Alltag gleich. Er stand morgens auf, ging in die Praxis, therapierte ein paar Leute, wartete auf eine Nachricht von Sora und lauschte dessen Tonaufnahme. Er sehnte sich regelrecht danach, dass Sora anrief oder schrieb und er konnte sich nicht so recht erklären, warum.
Die Tage vergingen und Sora war scheinbar momentan eher Aisu und total beschäftigt. Tatsächlich schrieb er ihm einmal, dass er ihm viel Spaß und Erfolg beim Gig wünschte, ansonsten ließ er Sora in Ruhe. Er wollte ihn nicht nerven oder zum Schreiben drängen.
Zwischen 3 und 4 in einer Nacht klingelte dann endlich sein Handy und er wurde durch die Nachricht wach. Beinahe hektisch startete er die Aufnahme und hörte zu, was Sora zu sagen hatte.
"Guten.... ehm Morgen? Du weißt doch, dass du mich immer gerne anrufen kannst, du hältst mich von nichts ab. Ich freue mich, dass meine Aufnahmen dir gefallen. Meinem Auge geht es deutlich besser, es ist nur noch ein bisschen Gelb-Grün, also fast ganz weg, danke der Nachfrage. Ich hoffe du kannst wieder einschlafen. Gute Nacht, schlaf gut, Sora", antwortete der ruhige Psychologe mit sanfter Stimme. Er war zwar auch gerade erst erwacht, dennoch klang er weniger so.
Lächelnd legte er das Handy wieder weg und schlief gleich wieder ein. Es war ein warmes, wohliges Gefühl, welches sich in ihm ausbreitete, wenn Sora ihm schrieb.
Der nächste Tag war wieder genauso wie die anderen, langweilig. Seit wann langweilte ihn sein normaler Alltag? Was hatte Sora mit ihm angestellt, dass er sich nach dessen Gesellschaft sehnte?
In der Nacht riss ihn endlich der ersehnte Anruf aus dem Schlaf. Er ging augenblicklich dran. "Hallo?", sagte er, da hörte er schon Soras Stimme. Er klang betrunken und glücklich, das war doch gut, oder?
"Glückwunsch. Ihr habt das sicher super gerockt", antwortete er erst mal.
"Bei mir ist alles gut, bei dir auch? Du klingst.... betrunken? Hast du schön gefeiert?", fragte er sanft.
"Was ich treibe? Ich hab eigentlich geschlafen", lachte der Psychologe.
Es war schön Sora so überschwänglich und freudig zu hören, aber er machte sich gleichzeitig auch Sorgen. Immerhin hatte der Musiker ihm verraten, dass er meistens lieber direkt ins Bett und zur Ruhe kommen wollte, wenn sie einen Gig hatten. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um danach zu fragen.
Ein leises Lachen entwich ihm, als Sora bemerkte, dass er das Bett nass gemacht hatte.
"Mein Tag war nicht sonderlich spannend, muss ich gestehen. Ich hatte heute einen neuen Patienten, ansonsten war alles wie immer. Oh und ich hab einen kleinen Ausschnitt von eurem Auftritt gestern gesehen, cooles Outfit", erzählte er.
"Wie war denn dein Tag? Du klingst, als hättest du viel Spaß gehabt, das freut mich sehr!"

„Ja, die Outfits sind hot, oder?“, lachte Sora. „Wir haben sogar Autogrammkarten mit den Klamotten. Ich kann dir gern eine mitbringen. Ja, wir haben ein bisschen gefeiert. Wirklich geil fand ich’s nicht und die vielen fremden die dabei waren, waren auch eher anstrengend… Aber egal, Jetzt bin ich allein und hab dich…. Am Ohr! Das ist wirklich ein echtes Highlight!“, plapperte er unbedacht.
Er richtete sich auf, stöhnte ein bisschen dabei.
„Wo issn…. Wo hab ich…. Aaah, Mist.“, murmelte er. Dann hörte man seine Schritte, er öffnete den Reissverschluss seines Koffers.
„Brauch Shorts, sonst frier ich mir noch was ab, ey… Hab den blöden Koffer schon gepackt… viel zu früh eigentlich… hätte auch morgen noch gereicht… egal….“
Er klemmte sich das Handy zwischen Ohr und Schulter und zog sich seine Shorts an. Dann ging er an den Kühlschrank und holte sich eine Flasche Wasser heraus.
„Moment..“, er schraubte sie auf, trank einige Schlücke, gab einen genüsslichen Laut von sich und sprach dann weiter.
„So, jetzt…. Sag mal, wie geht’s deinem Auge inzwischen? Noch immer Grün-Gelb? Beim nächsten Mal, sagst du mir gleich bescheid, dann bekommt der auch ein buntes Auge von mir, hehe…. Einfach meinen Kenta schlagen… wo kommen wir da hin?!“
Seine Zunge war einfach nicht zu stoppen. Er bemerkte nicht mal so recht, was er da alles von sich gab.
Er nahm auf dem Bett platz und kroch unter die Decke, wo es nicht feucht war.
„Können wir uns in 3 Tagen sehen? Museum und Essen? Ich suche was aus, hmm? Du musst dich um nichts kümmern!“, schlug er nun vor.
„Ich freue mich wirklich, dich wieder zu sehen. Du lächelst immer so schön, da wird mir ganz warm ums Herz. Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Wenn du so lächelst… dann würde ich dich am liebsten vor allem Bösen auf der Welt beschützen…. Haha... keine Ahnung warum… Weisst du es, Herr Psychologe?“, er grinste etwas debil in die Nacht.
Er war einfach nur froh, hier und jetzt mit Kenta reden zu können.
„Oh oh….“, gab er ein paar Sekunden später von sich… „Oh, ooohhhhh“, wiederholte er, dann riss er die Decke von sich, torkelte hastig zum Bad, liess dabei das Handy auf den Teppich fallen und kniete über der Toilette. Der ganze Alkohol wollte nicht in seinem Magen bleiben.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er über der Schüssel hing, er hatte sich danach auf den Boden gelegt und war erschöpft eingeschlafen.
Erst ein paar Stunden später erwachte er, blickte sich orientierungslos um und richtete sich langsam auf. Er hielt sich am Waschbecken fest und zog sich hoch, der Blick in den Spiegel und das angetrocknete Erbrochene an seinem Kinn, sprachen Bände.
„Ah, fuck…“, murmelte er. Dann wusch er sich das Gesicht, spülte sich den Mund aus und ging zurück. Er fand das Handy auf dem Boden. Der Akku war leer.
Genervt und etwas benebelt schloss er es am Nachttisch an und setzte sich aufs Bett. Er wartet, bis er das Telefon starten konnte und fühlte sich total mies.
Er öffnete den Chat mit Kenta und schrieb ihm, dass es ihm leid tat, wie das Gespräch aufgehört hatte. Er musste sich aber keine Sorgen machen. Dann wünschte er ihm noch eine gute Restnacht.
Erneut schlüpfte er unter die Decke und schloss die Augen. Der Weckdienst würde ihn in 3 Stunden aus dem Schlummer reissen.

Der Psychologe lachte leicht, als Sora ihm vorschlug eine der Autogrammkarten mitzubringen. "Die stell ich dann eingerahmt auf meinen Schreibtisch", scherzte er. Trotzdem war der Gedanke, ein Bild von Sora zu haben, gar nicht so übel. Wurde er jetzt doch noch zu einem Fan? Unsinn. Es lag an Sora, nicht an seinem alter Ego Aisu.
"Jetzt hast du es ja geschafft. Zur Not, zieh dich einfach auch früher zurück und sag den anderen, du hättest Kopfschmerzen oder bist zu müde, das sollte eigentlich jeder einsehen können, hm?", schlug er mit sanfter Stimme vor. Er war eigentlich ein Fan von Ehrlichkeit, doch so, wie Sora von seinen Bandkollegen gesprochen hatte, würden sie ihn wohl eher doof angucken, wenn er sagen würde, dass es ihm zu viel sei.
Er hörte zu, wie Sora seine Shorts suchte, schmunzelte darüber und wartete ab, bis das Gespräch weiter lief.
"Ah- ehm... ja, ein bisschen sieht man noch, aber es ist fast ganz weg, keine Sorge. Ich möchte auch nicht, dass du jemanden schlägst", sprach er, überspielte dabei so gut er konnte die Nervosität, die die Aussage in ihm ausgelöst hatte. Er war 'sein' Kenta? Wieso ließ dieser Gedanke sein Herz schneller schlagen und seine Wangen rot werden?
Der Psychologe war leicht überfordert, aber das wollte er sich selbst auch nicht eingestehen.
"In drei Tagen? Gerne, da ist die Praxis sowieso geschlossen, ich freue mich", antwortete er rasch. Zum Glück war die Praxis am Wochenende generell zu, er arbeitete nur von montags bis freitags, so passte das perfekt.
Soras Aussagen machten ihn zunehmend nervöser! Er freute sich ihn lächeln zu sehen, nannte ihn "mein Kenta" und wollte ihn beschützen...
Kenta legte seine Hand über sein Herz, schüttelte dann leicht den Kopf, um wieder klarer zu denken.
"Ich weiß es nicht", gestand er leise. Wie sollte er auch? Es gab sicher viele Gründe, die dazu führen konnten, nicht wahr?
"Sora?", fragte Kenta überrascht, als er das "Oh oh" von ihm hörte. Was war wohl los? Er konnte ganz leise im Hintergrund hören, wie jemand würgte, nachdem das Handy wohl heruntergefallen war. Ohje! Sora hatte wohl echt über den Durst getrunken.
"Sora? Ist alles in Ordnung?", fragte er in den Hörer, doch keine Antwort kam zu ihm durch. Er blieb noch eine Weile dran, aber scheinbar legte der andere dann auf oder das Handy ging aus. Er wusste es nicht, doch die Sorge um seinen Patienten war groß.
"Ich hoffe, es ist alles in Ordnung. Ruh dich gut aus, Kenta", schrieb er ihm also.
Es fiel dem Psychologen schwer ruhig zu schlafen, hatte er doch ziemliche Sorge, dass Sora ohnmächtig geworden war und an seiner Kotze erstickte. Hoffentlich war es nicht so schlimm!
Erst, als er die Nachricht vom Rockstar erhielt, fand er seine Ruhe. Er antwortete natürlich noch, dass Sora sich gut erholen und viel Wasser trinken sollte und er froh war, dass es ihm doch gut ging.
Seufzend schlief er wieder ein, nur um am Morgen mal wieder in die Praxis zu kommen und seine üblichen Patienten zu therapieren.
"Ich glaube, Sie sind verliebt", sagte Kenta zu einer Patientin, die darüber klagte, dass eine Person in ihrem Umfeld sie unglaublich nervös machte und ihr Herz schneller schlagen ließ.
"Meinen Sie wirklich?", hakte sie errötet nach, woraufhin der Psychologe lächelnd nickte.
"Das, was sie beschreiben, sind die typischen Schmetterlinge im Bauch, wenn sie der Person begegnen, die Ihr Herz erobert hat", bestätigte er.
"Sind sie auch verliebt? Oder waren es mal?", fragt sie ganz aufgeregt.
Kenta wurde gleich hochrot, schüttelte den Kopf und stammelte: "N-nein, ich denke nicht, Frau Shigaru."
Was war denn nun los? Wieso konnte er nicht professionell darauf antworten und ruhig bleiben?
Sie grinste verschmitzt, fragte dann: "Sind Sie sich da ganz sicher? Sie werden ja ganz rot!"
Kenta winkte augenblicklich ab, räusperte sich und zupfte seine Kleidung zurecht.
"Hier geht es nicht um mich", merkte er freundlich an und so lief das Gespräch wieder in die richtige Richtung.
Erst zum Feierabend hin, wo er wieder Zuhause saß und in seinem Buch las, kam ihm diese Situation wieder in die Gedanken.
"Unsinn..", murmelte der Selbstständige. Er war in niemanden verliebt! Das war er nie gewesen und das wird er bestimmt auch nie sein, wenn sein Leben weiterhin so lief, wie bisher. Im Studium hatte er hier und da mal ein kleines Abenteuer zugelassen, doch wahre Liebe war da nie gewesen.

Es war seltsam, dass die Tage zwar schnell zu vergehen schienen aber im selben Moment auch ewig brauchten. Sora war wirklich beschäftigt und trotzdem wollte er unbedingt endlich das Date mit Kenta.
„Woah…. Date?“, stoppte er sich selbst, als er im Tourbus auf seinem Handy nach Restaurants suchte.
„Date? Hat da jemand was von einem Date gesagt?“, fragte der Drummer neugierig und lehnte sich zu Aisu vor.
„Ach, nichts.. ich hab nur plötzlich ne Eingebung für ein Lied gehabt.“
„Ach so…. Das ist ja langweilig. Also, ich werde meine Süsse auf jeden Fall direkt zu einem Date ausführen, wenn wir zu Hause sind. Und danach baller ich ihr ein Baby rein!“
Sora lachte auf. „Was wirklich?!“
„Ja, sie ist einfach die tollste Frau. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder so eine verständnisvolle finden werde!“
„Wie verständnisvoll wird sie sein, wenn sie irgendwann Bilder von dir und irgendwelchen Groupies sieht?“, neckte der Sänger ihn.
Auch der Bassist stieg mit ein. „Willst du sie nicht erstmal heiraten, bevor du sie gleich schwängerst?“
„Ein Kind bindet doch viel mehr als ein Ring!“, blökte der Drummer
„Ja, vor allem den Geldbeutel!“, lachte der Sänger wieder.
Sora blickte den Dummer an, lächelte ihm zu. „Wenn du so fühlst, dann wird es schon richtig sein!“
„Danke Mann… hört ihr?! Wenigstens unser Aisu ist auf meiner Seite, ihr Volksparken!!!“
Sora hörte gar nicht weiter zu sondern beschloss einen schönen Tag für Kenta zu organisieren. Sie würden sich bestimmt über die Zeit noch besser verstehen. Zumindest hoffte er das.
„Wo darf ich dich morgen um 11:00 Uhr abholen? Dresscode: Comfi, Sora“, schrieb er im Anschluss an Kenta.
Mit seinem Toyota Corolla fuhr er dann am nächsten Vormittag vor. Er stieg aus, klingelte und umarmte Kenta wieder, wie zuvor. Er trug wie üblich schwarze Kleidung. Eine enge schwarze Jeans, einen Oversized schwarzen Strick-Pulli mit enorm vielen Löchern, darunter ein schwarzes Trägershirt und eine leichte Lederjacke darüber. Stiefel trug er dieses Mal nicht, aber schwarze Chucks.
„Bereit für einen Tag, den du so schnell nicht vergessen wirst?“, grinste er ihn an und geleitete ihn zu dem alten Vehikel.
„Ja, nicht sonderlich beeindruckend, ich weiss, aber er bringt uns sicher von A nach B, versprochen!“
Sora öffnete ihm die Tür und schloss sie auch, nachdem Kenta Platz genommen hatte, dann stieg er ein.
„Hast du ein bisschen Hunger mitgebracht?“, erkundigte er sich, als er den Motor startete und dann fuhr er fröhlich los.
Der erste Stop war eine kleine Bäckerei, hier durften sie bei der Produktion der Teiglinge zusehen und dann konnten sie die Käsekuchenmasse selbst anrühren und mit Lebensmittelfarbe versetzen. Anschliessend durften sie die halb gebackenen Kuchen noch mit weiterer Teigmasse dekorieren, was eher eine schmutzige, aber doch lustige Angelegenheit war, bevor der Kuchen nochmals gebacken wurde.
„Wir holen unsere fertigen Werke dann heute Abend ab.“, erklärte Sora kurz bevor sie zum nächsten Ziel aufbrachen. Sie fuhren bestimmt eine Dreiviertel Stunde, bis er endlich parkte.
„Okay, ich habe lange überlegt in welches Museum und wo wir essen gehen. Da es so viele gibt, dachte ich, wir verbinden einfach beides!“. Sie liefen vom Parkplatz, zum Haupteingang.
„Tadaaaaa, das Shin Yokohama Ramen Museum!“, gab er freudig von sich und posierte davor mit ausgebreiteten Armen.
„Warst du schonmal hier? Ich selbst hab nur davon gehört.“
Er übernahm den Eintritt und dann gingen sie hinein. Es war wie eine andere Welt. Es sah aus wie viele kleine Gassen in den 50-er Jahren und in jeder dieser Gassen war ein anderes Ramen-Haus.
„Wahnsinn!!!“, strahlte Sora und sah Kenta begeistert an. „Wo sollen wir zuerst probieren?“

Kenta wurde zunehmend aufgeregter, als der Samstag immer näher rückte. Die Nachricht von Sora schreckte ihn sogar leicht auf.
Er schrieb ihm seine Adresse, aber erwähnte auch, dass er ebenfalls fahren könnte und Sora ihn nicht unbedingt abholen müsste. Selbstverständlich bedankte er sich außerdem noch.
Am Morgen stand er unnötig früh auf, duschte eine halbe Ewigkeit und suchte verzweifelt nach etwas, was den Dresscode traf. Das entspannteste, was sein Kleiderschrank hergab, war ein helles, kariertes Hemd und eine dunkelblaue Jeans, na toll. Unsicher zog er die Sachen an und bemühte sich dann darum, dass seine Haare besonders gut saßen. Wofür überhaupt? Er ging doch nur mit einem Freund ins Museum, wieso hatte er Sorge, dass er nicht gut genug aussehen würde? Egal. Er trug trotzdem noch sein Lieblingsparfum auf.
Kenta schluckte schwer, warf aber trotzdem noch einen letzten Blick in den Spiegel und wartete dann auf Sora, wobei er seinen beruhigenden Tee trank.
Es klingelte.
Kenta sprang regelrecht auf, zog sich seine Schuhe im dafür vorgesehenen Stück des Flurs an und öffnete ihm anschließend die Tür.
"Guten Morgen", lächelte der Psychologe erfreut, wobei er die Umarmung diesmal tatsächlich besser erwiderte.
Sora sah gut aus, wie immer und er sah deutlich mehr nach "cozy" aus, als Kenta in seinem Hemd.
"Ich bin absolut bereit", bestätigte er fast schon aufgeregt.
Das alte Auto ließ ihn lächeln. Er fand es total schön, dass Sora keinen Porsche oder ähnliches fuhr, nur weil er ein Rockstar war. Dieser alte Toyota war absolut süß und viel sympathischer.
"Ich find ihn schön", lächelte Kenta ehrlich, ehe er sich dankend ins Auto setzte. Gott! Er kam sich vor, wie ein Mädchen bei ihrem ersten Date! Wieso musste Sora bloß so ein Gentleman sein?
"Ich hab jedenfalls nicht gefrühstückt", gestand er lachend. Er war einfach viel zu nervös gewesen, um etwas zu essen und obwohl er so super früh aufgestanden war, hatte die Zeit auch nicht mehr dafür gereicht.
Der erste Stopp war schon super cool! Er staunte nicht schlecht und es machte auch unheimlich viel Spaß, die Kuchen mit Sora gemeinsam zu dekorieren.
Im Auto schwärmte er noch davon, wie köstlich alles geduftet hatte und wie viel Spaß das alles gemacht hatte. Er war sehr gespannt, wo es als Nächstes hingehen sollte.
"Essen und Museum verbinden?", fragte Kenta nachdenklich, während er überlegte, welches Museum es wohl sein könnte. Seine Augen wurden groß, als er das Museum schlussendlich erblickte und Sora ihm verriet, welches es war.
"Ich hab davon gehört und wollte schon ewig mal hierhin fahren, aber habs dann doch irgendwie nie gemacht. Das war eine tolle Idee!", strahlte der Psychologe begeistert.
Obwohl er seinen Geldbeutel bereits rausgeholt hatte, übernahm Sora einfach den Eintritt und brachte Kenta so wieder etwas aus dem Konzept. Kleinlaut bedankte er sich bei seiner Begleitung, merkte aber an, dass er nicht alles bezahlen müsste, nur weil sie zusammen etwas unternahmen.
Drinnen kamen sie wohl beide kaum noch aus dem Staunen heraus. Das war ja fast wie in einem Freizeitpark.
"Das ist wirklich überraschend cool hier!", schwärmte er, schnupperte dabei interessiert. "Es riecht alles so gut! Wie soll man sich da entscheiden?"
Interessiert sah er sich um, deutete dann auf einen der Stände.
"Wie wärs mit dem Tantanmen Ramen dort drüben?", schlug er vor. Es war absolut nicht beabsichtigt, aber man sah wohl gleich, wieso dieser Stand Kenta besonders aufgefallen war. Das Logo dort war eine niedliche, rosa Katze, die in der Ramenschüssel saß und die Nudeln schlürfte.
Als sie schlussendlich saßen und die Ramen bekamen, lächelte Kenta seine Begleitung glücklich an. "Ich hatte ganz vergessen, wie schön es ist, mal aus dem Haus zu kommen. Danke, dass du dir Gedanken gemacht und das alles geplant hast. Ich hatte ewig nicht mehr so viel Spaß", sprach er sanft und offen.

Sora kicherte kurz auf, als er die Katze in der Schüssel sah. Das passte ja gut!
„Ja, lass uns rein gehen!“, stimmte er fröhlich zu.
Das Essen sah super aus und duftete himmlisch.
Er zückte sein Handy und schoss ein Bild von den Ramen, dann meinte er: „Ah, warte!“, rutschte näher um ein Self zusammen mit Kenta zu machen.
Dann rutschte er wieder zu seinem Essen und freute sich darüber, dass Kenta wohl genauso viel Spass hatte wie er.
„Ich bin wirklich froh, dass wir das zusammen erleben können! Guten Appetit!“
Er schlürfte von der Brühe, gab einen genussvollen Laut von sich und probierte dann auch sofort die Nudeln, die schön bissfest waren. Das halbe Ei, sah auch so unfassbar verlockend aus!
„Willst du mal probieren?“, fragte er, nahm seinen Löffel, tunkte ihn in seine Brühe und hielt ihn dann Kenta hin.
„Das ist so lecker!!!“, sprach er ihm nochmal lächelnd zu.
Nachdem sie hier ihre Portionen geschafft hatten, begutachteten sie die nächsten Stände und den tollen Aufbau des ganzen Museums.
„Ohhhh, Ikemen-Ramen! Also, da müssen WIR ja wohl unbedingt rein!“, kicherte Sora und zog Kenta regelrecht mit hinein.
Hier waren an den Wänden lauter Fotos von hübschen Männern und auch die Bedienungen waren sehr ansehnlich.
„Waaaahhh“, staunte Sora sehr.
An der Wand war ein Papp-Aufsteller mit muskulösen Männerkörpern ohne Kopf. Sofort stellte er sich dahinter, so dass es aussah, als sei es sein Körper. Das war perfekt für Fotos. Er verzog sein Gesicht und schnitt sämtliche blöden Grimassen. Dann forderte er Kenta auf.
„Na, los, jetzt bist du dran!“, auch die Angestellten, feuerten Kenta an, es seiner Begleitung gleich zu tun.
Es war wirklich lustig und dann bekamen sie auch hier eine Schale mit Ramen.
Sora erinnerte sich nicht daran, wann er das letzte mal so ausgelassen gelacht und sich amüsiert hatte. Es war wirklich toll mit Kenta.
Nachdem die Schale auch leer war sah er ihn mit aufgeblähten Backen an.
„Puh… hier sind noch so viele Stände… aber wenn ich direkt noch was esse, platze ich! Wie sieht es bei dir aus? Sollen wir einfach noch ein bisschen hier rum schlendern und alles auskundschaften?“
Draussen in einem der "Gassen" war ein kleines Häuschen, das traditionelle Spielsachen und Süssigkeiten verkaufte. Das sah auch sehr spannend und nostalgisch aus.
"Magst du da rein?", erkundigte sich Sora lächelnd.

|
![]()
Das Forum hat 70
Themen
und
8586
Beiträge.
|
![]() | Einfach ein eigenes Forum erstellen | ©Xobor.de |