Sami Worte, seine warmen Hände, alles fühlte sich so vertraut und wunderbar an.

Yunus war so froh, dass er ihr war und so dankbar. Er hatte keine Schande sein wollen, erst recht nicht für seine Mutter. Zu hören, was Sami da gesagt hatte, machte ihn froh und wehmütig zugleich. Er verlor direkt noch ein paar Tränchen mehr. Der Kuss, der folgte, auch wenn er nur auf sein Haar war, ließ ihn die Luft anhalten. Sein Puls stieg an und er wurde sogar etwas rot um die Nase.

"Sami..", gab er nur kleinlaut von sich und sah ihn dann an.

"Darf.. ich wirklich mit zu dir? Wirklich?"

Er konnte es kaum glauben. Gequält lächelte er und schmieg ich nochmal dankbar an ihn.

"Danke... du bist der beste!", gab er leise von sich.

Sami hatte ja keine Ahnung, was er möglicher Weise mit seinem Verhalten auslösen konnte. Er wollte einfach für seinen Freund da sein und ihm zur Seite stehen, vor allem jetzt.

Natürlich sah er die leichte Röte im Gesicht des anderen, aber er dachte sich nichts dabei. Wahrscheinlich kam das vom Weinen, nicht wahr?

"Na klar! Sowas sag ich doch nicht einfach so!" lächelte er ältere, schloss ihn dann gleich wieder in die Arme.
"Kein Ding."
Sachte strich er ihm durchs Haar, drückte ihn vorsichtig an sich, löste sich aber auch irgendwann wieder.

"Haben die dir gesagt, ob du hier bleiben musst? Wenn ja...wie lange?"
Er hatte wirklich Angst davor, dass Yunus Vater nochmal herkommen und Yunus noch schlimmer zusetzen könnte.

Ungern wurde er aus der Umarmung gelöst.

"Ja, ich soll zur Beobachtung heute hier bleiben. Sie meinten, ich hätte eine leichte Gehirnerschütterung."

Gerade wollte er weiter sprechen, da ging die Tür auf und der Vater stand da, starrte ungläubig auf das Bild, das sich ihm bot.

"Duuuu!", fuhr es aus ihm und er zeigte bedrohlich mit dem Finger auf Sami.

Yunus gefror das Blut in den Adern. Er war zu keiner Regung mehr fähig und starrte den Mann an.

"Gehirnerschütterung..."wiederholte er leise, schüttelte ungläubig den Kopf.
Was zum Teufel hatte Yunus Vater mit dem Jungen angestellt?!

Sachte strich er dem anderen über die Wange. "Ich hoffe es ist nicht so schlimm wie es klingt... wir kriegen dich wieder fit und ich helfe dir dabei dein Leben mehr zu genießen!" versprach Sami, da ging allerdings die Tür auf.
Sein Blick richtete sich auf diese und er sah gleich den Finger, der auf ihn zeigte.

"Ich...ja..." kam es völlig kalt von Sami, ehe er aufstand und sich schützend vor Yunus stellte.
"Ich glaube Sie sind diesmal der jenige, der gehen sollte." zischte er bedrohlich, sah den Vater dabei feindseelig an.

Der Vater hörte sich die Worte des jungen Mannes nicht genau an, er war gerade zu aufgebracht. Was machte dieser Typ hier?!

"Geh da weg! Geh von meinem Sohn weg!", zischte er nur und kam näher.

Yunus drückte panisch auf den Knopf, der einen Pfleger rief. Er wusste nicht, was er sonst tun sollte, denn er befürchtete schlimmstes. Auch wenn er das seinem Vater früher niemals zugetraut hätte... nun war alles anders.

"Sami...", meinte er nur leise.

Der Vater griff nach Sami Arm.

"Raus mit dir! Du hast hier nichts zu suchen! Du hast meinen Sohn verdorben!", rief er.

Ein Pfleger kam herein und sah den Tumult.

"Was geht hier vor?!"

"Dieser Kerl! Schmeissen Sie ihn raus! Er muss hier sofort raus! Du hast meinen Sohn schwul gemacht!"

Der aufgebrachte Vater wurde stattdessen von einem weiteren Pfleger, der dazu geeilt kam, mit heraus genommen. Sie hatten ja die Striemen an Yunus Gesicht gesehen, es war eindeutig, dass der Vater dafür verantwortlich gewesen war. Und jetzt, da er auch noch so rum brüllte und Yunus völlig verängstigt aussah... Es war besser ihn erst mal aus dem Zimmer zu schaffen.

Yunus selbst war das Herz in die Hose gerutscht. Besonders, weil der alte auch noch von seiner Ausrichtung gesprochen hatte.

Mit tränen in den Augen sah er Sami an. Der würde ihn doch sicherlich verteufeln, oder?

Er brachte aber keinen Ton heraus.

Natürlich blieb Sami stehen. Er würde diesen Mann nicht mehr in die Nähe seines Sohnes lassen, koste es, was es wolle!

"Auf keinen Fall!" knurrte Sami, versuchte seinen Arm aus dem festen Griff zu befreien. Er würde sicher nicht gehen!
Alles ging so unglaublich schnell und der Moment, als er den Vorwurf hörte, dass er Yunus schwul gemacht haben soll, ließ ihn stocken. Schwul? Yunus?Wegen ihm?
Alles schien an ihm vorbei zu ziehen, er musste das erstmal verstehen. Als wäre er in einem Film stand er einfach nur da und sah zu, wie der agressive Mann herausgebracht wurde, die Tür schloss sich und erst dann war diese seltsame Zeitlupe vorbei.

Sami sah langsam zu seinem Kumpel, sah die Tränen in seinen Augen und...was sollte er tun? Er konnte seinen Freund nicht im Stich lassen, vor allem nicht wegen sowas!
Er setzte sich zurück auf die Bettkante, schloss ihn wieder sachte in die Arme und drückte ihn wortlos an sich.
Einen Moment lang blieb er einfach nur so sitzen, dachte nach, was er sagen sollte.

"Yunus..." begann er leise. "Wir haben darüber gesprochen, nicht wahr? Du weisst, dass ich da keine Vorurteile habe, wenn das stimmt, ja? Ich bin für dich da." flüsterte er tonlos.

Yunus hatte wirklich Angst. Angst davor, dass sein Vater wieder die Hand gegen ihn erheben konnte, oder schlimmer noch, gegen Sami. Aber vor allem hatte er Angst, dass dieser ihn verstoßen konnte.

Nun aber die Umarmung zu fühlen und diese Worte zu hören, da war wirklich Balsam für seine geschundene Seele.

Er weinte und schluchzte, zum Teil aus Dankbarkeit, zum Teil aus Erleichterung aber eben auch immer noch aus Furcht. Einfach alles strömte gerade auf ihn ein.

Sami war ein wenig überfordert mit der gesamten Sitaution, aber jetzt wollte er einfach nur stark sein. Er wollte die Schulter sein, die Yunus Tränen auffing, der Mann, der ihn auf den Beinen hielt und ihm sagte, dass alles gut werden würde.

Natürlich waren da diese Gedanken in seinem Hinterkopf, ob Yunus ihn wirklich auf diese Weise mochte und wieso diese Gespräche dann so komisch gelaufen waren. Hatte der jüngere wirklich solche Angst ihm zu sagen, dass er schwul war, wenn das so war?

Sanft begann Sami seinen Kumpel zu wiegen.
"Alles wird gut, ich bin da...und ich beschütze dich vor ihm und allen, die dir böses wollen." sprach er weiter sanft auf ihn ein.
"Du wohnst erstmal bei mir und wir regeln das alles gemeinsam."

Am nächsten Tag drängte Yunus darauf, dass er entlassen wurde. Er wollte hier nicht weiter bleiben und unterschrieb sogar extra dafür.
Er wurde von Sami abgeholt und war unendlich dankbar.
Er würde irgendwann nach Hause gehen und sich seine Sachen abholen, aber noch fühlte er sich dazu nicht im Stande.

Bei Sami angekommen duschte er erst einmal ausgiebig und nahm dann auf dem Sofa Platz.

"Danke, dass ich hier sein darf. Ich verspreche, ich werde auch keine Unordnung rein bringen. Du wirst mich kaum bemerken!"

Er wollte ihm wirklich nicht zur Last fallen.

"Ach Unsinn! Fühl dich ganz wie Zuhause, immerhin ist das hier jetzt dein Zuhause!" lächelte er, stellte ihm dabei eine Dose Uludag Gazoz auf den Tisch.
"Nimm dir was du brauchst aus dem Kühlschrank, den Schränken, woher auch immer! Du hast auch noch keine Klamotten hier, also bedien dich an meinem Kleiderschrank!"
Er lächelte.

Sami war wohl einer der entspanntesten Menschen, wenns um seine Sachen ging. Er hatte keine Geheimnisse herumliegen und es störte ihn auch nicht seinen Kram zu teilen.

"Danke!", gab Yunus kleinlaut von sich. Er nahm die Dose an sich, öffnete sie und trank einen Schluck.

Dann atmete er laut aus.

"Ich denke, ich schulde dir eine Erklärung... wenn.. wenn ich schon hier wohnen darf... sollte ich das wohl klar stellen... Also... mein Vater... was er gesagt hat... ich... also...", er nahm noch einen Schluck, in der Hoffnung, dass dieser ihm irgendwie Mut geben konnte.

"Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube... ich mag Jungs lieber. Nein... ich... ich bin mir sicher. Ich steh auf Kerle... Sami... also.. wenn das für dich ein Problem ist.. dann... also... ich kann mir auch eine andere Bleibe suchen... ich wollte nur nicht... dass das irgendwie.. so... in der Luft hängt."

Sami lauschte gespannt den Worten, sah den anderen dabei an, ehe er lachte.
"Yunus...wir duschen fast jeden Tag zusammen und siehe da! Du hast mich netter Weise noch nicht vergewaltigt!"
Er wuschelte ihm vorsichtig durchs Haar, wollte er ihm ja nicht noch mehr Schmerzen geben.


"Wir hatten doch ein paar Gespräche darüber, erinnerst du dich? Ich bin der letzte, der sich von sowas abschrecken lässt und ich hatte dir doch gesagt, dass das nichts an meiner Meinung über dich ändert! Ich mach mir da garkeine Sorgen und das solltest du auch nicht. Ist ja nicht so, als würdest du jetzt jede Nacht wichsend an meinem Bett stehen und an meinen Haaren riechen!"
Er lächelte, wollte die Situation auflockern.
"Schwul zu sein ist nicht schlimm! Komm schon, wir leben im 21. Jahrhundert! Unsere Eltern denken noch veraltet und altmodisch, unsere Generation sollte damit klar kommen, wenn jemand Bi, Pan, Schwul oder sonst was ist, hm?"

Erleichterung machte sich sichtlich in ihm breit. Er lächelte und nickte dann.

"Danke... Sami..Und ja... ich werde mich beherrschen und versuchen nicht jede Nacht an deinem Bett zu wichsen!"

Er kicherte und trank erneut einen Schluck.

Seine Bewunderung für Sami wuchs weiter. Er war wirklich klasse! So selbstlos, hilfsbereit und offen.

"Du bist ein toller Mensch!"

Auch wenn sie vielleicht kein Paar werden würden, war Yunus wirklich außerordentlich froh, jemanden wie Sami an seiner Seite zu wissen.