Sami entging nicht, dass der andere die ganze Zeit den Buzzer in der Hand hielt, er ging aber davon aus, dass der jüngere einfach nur super hungrig war und das Signal schnellst möglich bemerken wollte.

Er wisch allerdings seinem Blick aus...wieso?
Die Antwort war irgendwie das, was er hätte von ihm erwarten sollen. Natürlich war Yunus darüber bereits bestens informiert, wenn nicht er, wer dann? Er hatte das Thema auch eher angesprochen, weil ihm kein besseres eingefallen war.

"Was ist los? Du wirkst angespannt." entwisch es ihm jedoch, als er bemerkte, dass nun das Glas den Buzzer ersetzte.

"Yunus...sieh mich an."
Er griff ihm sachte unters Kinn, um es anzuheben, damit sein Kumpel ihn ansah.
"Fühlst du dich nicht wohl?" fragte er.

„Was, nein, ich bin nicht angespannt. Nur hung..“

Da fühlte er schon die Hand an seinem Kinn.

Mit aufgerissenen Augen starrte er Sami an. Dann schlug er sachte die Hand weg.

„Hey, lass das! Sag mal spinnst du? Nachher denkt irgendwer noch, wir sind ein Paar!“

Er rückte in der Sitzbank ganz nach hinten und lehnte sich an.

Ernst blickte er zur Ausgabe.

„Maaann, wenn die nicht bald fertig sind, schlag ich hier alles zu Brei!“, meinte er und lachte dann Sami an.

„Sorry… bin ECHT RICHTIG hungrig!“

Er trank dann wieder. Hoffentlich hatte das irgendwie als Ablenkungsmanöver geholfen. Sein Herz schlug ihm jetzt noch bis zum Anschlag!

Was zum Teufel war das denn gerade?!
Sami hatte sich richtig erschrocken!
"Sorry...?" gab er verwundert von sich, hob dabei die Hände vor die Brust, als wollte er sich ergeben.

Er hatte das jetzt nicht wirklich als Geste empfunden, die aussagen würde, dass sie ein Paar wären, also wieso war Yunus so gereizt? War er vielleicht homophob und hatte Panik, dass jemand ihn für schwul halten könnte?Oder glaubte er etwa, dass Sami was von ihm wollte?

Skeptisch musterte er seinen Kumpel.
"Du verhälst dich nicht gerade entspannt...oder nur hungrig." merkte er an, stand dann aber auf.
"Ich geh kurz auf Klo, entspann dich mal, mh?"
Er ging an ihm vorbei, klopfte ihm dabei kurz auf die Schulter und verschwand dann auf Toilette, um schnell Wasser zu lassen.

Er folgte ihm mit Blicken, legte dann seine Hände in sein Gesicht und wünschte sich an einen fernen Ort.

„Ich bin so blöd!“, murmelte er und fing an, sich maßlos über sich selbst zu ärgern. Am Liebsten wäre er einfach gegangen und hätte sich irgendwo versteckt, aber das zu erklären wäre noch komplizierter geworden!

Es war sein Glück, dass der Buzzer summte. Rasch stand er auf und nahm die Bestellung entgegen, Platzierte sie dann an ihrem Platz und stopfte sich schon mal drei Pommes in den Mund.

Also Sami wieder da war, wünschte er ihm einen guten Appetit, griff nach dem Burger und aß erstmal. Nach einigen Happen atmete er genüsslich aus und lächelte.

„Ich war wirklich echt fies hungrig… langsam geht’s wieder….“

Er trank etwas und sah dann sein Gegenüber an.

„Sag mal..würde dich das nicht stören, wenn jemand denkt, du wärest vom anderen Ufer?“, fragte er dann plötzlich.

„Ich meine, wenn du ein Rennen gewinnst und ein Interview gibst, würdest du dann nicht genervt sein, wenn ein Reporter dich plötzlich zu deiner Neigung fragt, nur weil er vielleicht mal irgendwann von irgendwem gehört hatte, dass du in der Öffentlichkeit einen anderen Jungen angefasst hast?“

Sami freute sich über das Essen, als er zurück kam. Er setzte sich gleich hin, wünschte einen guten Appetit und aß dann auch schon. Gott, das war sowas von lecker!!

Höchst zufrieden kaute er auf der Geschmacksexplosion in seinem Mund herum.

"Mh?" fragend sah er dann doch wieder seinen Freund an, kaute zuende und schluckte dann runter.

"Was interessiert mich, was andere von mir denken?" war seine erste Antwort.
"Du machst dir echt Gedanken über sowas? Ich hab da noch nie drüber nach gedacht...vom anderen Ufer..."
Er musterte ihn, biss erstmal nochwas von seinem Burger ab, überlegte dabei aber offensichtlich, was er in diesem Fall tun würde.

"Ich denke, ich wäre nicht genervt. Ich würde dem Reporter klar machen, dass es allein meine Sache ist, auf welches Geschlecht ich stehe und da es auch nichts mit dem Sport zu tun hat, ist es sowieso irrelevant. Seine Sexualität öffentlich erwähnen zu müssen finde ich albern, egal ob hetero oder schwul. Sollen die Leute denken, was sie wollen! Wichtig ist doch, dass ich weiß, auf welches Geschlecht ich stehe, nicht wahr? Wieso sollte es mich also jucken, wenn plötzlich so seltsame Gerüchte aufkämen? Solang mich keiner totprügeln will, weil er glaubt ich sei schwul, ist mir das völlig Latte!"

Yunus war ernsthaft überrascht über diese Sichtweise. Bislang war er sich immer sicher gewesen, dass er nur Hohn und Spott erhalten würde, wenn er sich outen würde. Allein schon wegen der Frage der Religion und alle dem. Überall steht doch geschrieben, dass der Mann nicht beim Manne liegen solle und dann auch noch im Motorsport! Wer würde ihn doch noch ernst nehmen, wenn sie wüssten, dass er nicht nur gern auf einem Sattel platz nehmen wollte!?

„Du siehst das wirklich so locker?“, hakte er nach, nachdem auch er gekaut und geschluckt hatte.

„Was… was wäre, wenn jemand in unserem Team auf Männer stehen würde…? Würdest du dann noch bedenkenlos mit ihm duschen gehen? Oder hättest du keine Angst, dass er dich immer wieder mit seinen Augen vernascht?“

Er versuchte es so spielerisch und neckisch zu sagen, damit nicht sofort der Verdacht entstand, dass er genau dieser eine welcher war!

Sami nickte. Er sah das wohl wirklich anders als andere hier. Es war ihm egal, ob andere mit Männern oder Frauen schlafen wollten, sollte doch jeder machen, was er wollte. Er selbst hatte sich da nie groß Gedanken drüber gemacht.

"Mit den Augen vernascht?" lachte er.
"Was soll mich daran stören? Solange sich keiner neben mir einen von der Palme wedelt, weil ich nackt bin beim Duschen, ists mir schnuppe. Ich hab bisher auch nicht erlebt, dass da irgendwer mit nem Ständer zwischen uns stand oderso! Soll doch jeder Lieben was er will, solange der mich nicht vergewaltigen will! Ich mein, wenn man was schön findet, dann schaut man doch eh automatisch hin, wie soll man das denn groß kontrollieren?Gucken ist nichts schlimmes."
Er lächelte, stockte dann aber.
"Wie kommst du eigentlich auf solche Gedanken?" fragte er nun doch skeptisch, musterte Yunus dabei.


Sami war echt locker was sowas anging. Er fand es bescheuert, dass man damals Leute getötet oder gesteinigt hatte, nur weil man sie für unnormal hielt, weil sie aufs selbe Geschlecht standen. Das war alles dumm und totales Mittelalterverhalten. Religionen fand er jedenfalls gefährlicher als Homos!

Yunus fühlte sich irgendwie ertappt. Okay, er holte sich nicht direkt neben Sami einen runter, aber er war oft nach der Dusche im Klo verschwunden, um es dort zu erledigen. Oh Mann, Sami würde bestimmt nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen, wenn er das wüsste!

„Wie… wie ich darauf komme? Nur, weil du so touchy warst, vorhin! Ich meine, ich mag das generell nicht, wenn Paare sind in der Öffentlichkeit total abschlabbern oder so… Das kann man doch alles zu Hause machen… Ich denke… ich… will einfach nicht, dass jemand falsch von mir denkt…“

Er schlürfte von seiner Limonade.

„Mein Vater war früher schon Rennfahrer, das weisst du ja… und jetzt trete ich in seine Fussstapfen.. Ich darf seinen Ruf nicht ruinieren… Darum bin ich wohl ein bisschen… empfindlich.“

Es war noch nicht einmal gelogen. Er wollte alles tun, damit sein Vater auf ihn stolz war, auch seine verstorbene Mutter sollte stolz vom Himmel auf ihn herab blicken. Er würde mit seiner Homosexualität doch nur Schande über alle bringen. Das durfte nicht passieren!

"Wow, sorry! Ich dachte nicht, dass dir das direkt so schwul vorkommt...dann halt ich mich halt ab jetzt zurück." meinte er gleich. Er war touchy gewesen? Er war immer so! Gut, Yunus und er unternahmen ja nicht oft was außerhalb vom Fahren und da konnte man nicht touchy werden, immerhin sollte man das Moped halten und nicht Händchen.

"Ich versteh ja, dass du so denkst...aber muss das denn so extrem sein? Nur weil ich deinen Kopf angebhoben hab, wird doch jetzt nicht sofort irgendwer das Gerücht verbreiten, dass du schwul seist und damit den Ruf deines Vaters kaputt machen!"

Er sah ihn ernst an.
"Was wäre denn, wenn du tatsächlich schwul wärst? Würdest du dann nur deshalb mit dem Fahren aufhören, weils den Ruf deines Vaters in den Dreck ziehen könnte? Bullshit! Das ist dein Leben und DEIN Ruf! Wenn du schwul bist, bist du schwul, da hat dein Vater nichts mit zu tun und außerdem gibt's ganz bestimmt auch schwule in unserer Branche, die gibt's überall! Es ist einfach nur traurig, dass man sich da verstecken soll oder sogar Angst haben muss... das sind auch nur Menschen und die suchen sich das nicht aus, es ist einfach so, genauso wie manche ne große Nase haben, n hässlichen Zeh oder sonst was! Das sind Dinge, die man verstecken kann aber nicht sollte...naja, den Zeh vielleicht schon!" er lachte am Ende der Aussage.

"Mach dir darüber nicht so viele Gedanken, klar?"

Wie gern er Sami gerade näher gezogen und einfach geküsst hätte! Dieser Mann war wirklich fantastisch! Seine Ansichten waren regelrecht bereichernd!

Vor Freude hätte er gerade schreien können. Stattdessen lächelte er.

„Sieht so aus, als könnte ich von dir auch einiges lernen!“

Er aß beflügelt weiter.

„Hast du eigentlich ne Freundin? So ein cooler Kerl wie du, ist doch sicherlich sehr begehrt, oder? Komisch… irgendwie fahren wir schon so lange miteinander, und trotzdem habe ich das Gefühl, gerade einen ganz anderen Menschen vor mir zu haben. Kenne ich dich?“

Yunus fühlte sich bestärkt in seinem Gefühl, dass Sami ein toller Mensch war. Nicht nur, dass er schön war, niedliche Grübchen und ein unwiderstehliches Lächeln hatte, oder dass er wirklich auch talentiert fuhr, nein, er war schlichtweg ein richtig guter Mensch! Höflich, zuvorkommend, nicht voreingenommen…

Wie sollte man nicht in so jemanden verliebt sein?

Sami hielt diese Ansichten für das, was normal sein sollte. Leben und leben lassen oder wie hieß das nochmal? Ihm war es recht, solange alle zufrieden leben konnten.

"Du wirkst garnicht mehr so angespannt!" lachte er erfreut.

"Ne Freundin? Nee...mein Bike ist meine Frau...oderso! Ich hab keine Lust auf irgendein Mädchen, was sich am Ende sowieso nur beschwert, weil ich zu viel Zeit mit meinem Hobby verbringe..."
Er musterte seinen Gegenüber. "Findest du? Ich war doch immer so... wir reden nur nie so viel über...sexualitäten?"
Zufrieden aß er weiter. "Yunus....hör mal..."
Sami sah ihm in die Augen, lächelte sachte. "Solltest du jemals das Gefühl haben, dass du vielleicht selbst schwul bist, dann verkriech dich nicht, okay? Du kannst mir alles sagen, wenn du jemanden mal zum Reden brauchst."
Er meinte das völlig ernst! Die Reaktion zuvor wäre doch niemals von einem Kerl gekommen, der nicht darüber nachdachte, ob er selbst vielleicht Männer mochte oder es gar wusste und Angst hatte, dass es raus käme!

"Egal was dich bedrücken sollte, du kannst immer zu mir kommen, ja? Ich bin wie ein Tagebuch, nur dass man mein Schloss nicht knacken kann!"

„Was ein gestillter Appetit alles bewirken kann!“, lachte Yunus. Auch über die Sache mit der Freundin musste er kichern, er nickte verständnisvoll. Tatsächlich hatte er auch überhaupt keine Zeit übrig um eine Beziehung zu führen, sein ganzes Leben drehte sich um Motocross. Davon abgesehen, war er dankbar über jede Zeit, die er mit Sami verbringen konnte. Zeit jemand anderen kennenzulernen, der vielleicht so tickte wie er, hatte er schlichtweg nicht.

Er stopfte sich gerade seine letzten Fritten in den Mund, da fühlte er sich schon wieder völlig entlarvt.

Er nickte also nur, kaute langsam und gab ein skeptisch klingendes:

„Dan-ke….“, von sich.

Er rieb sich die Hände an der Papierserviette.

„Das gilt für dich auch, Sami! Ich bin gern auch dein Tagebuch… also… wenn du mal nen Eintrag verfassen möchtest!“

Er schmunzelte, dann wurde ihm die Situation ein kleines bisschen unangenehm.

„Ich geh mir geschwind die Hände waschen!“

Er verschwand in der Toilette und atmete tief durch. Ob Sami etwas ahnte?

Es war seltsam, aber irgendwie ließ ihn das Gefühl nicht los, dass da war nicht stimmte. Yunus hatte doch einen besseren Grund als seine Berührung, auf diesesn Thema zu kommen!
"Danke." lächelte er dennoch, nickte dann und sah ihm kurz nach.

Vielleicht stand Yunus wirklich auf Männer? Was interessierte es Sami überhaupt?! Wieso fand er diese Überlegung so unglaublich spannend? Er selbst hatte sich nie groß Gedanken gemacht, aber generell interessierte ihn Sex und der ganze Kram eigentlich garnicht. Vielleicht war er ja auch A-Sexuell? Gab es sowas denn wirklich?
Es war dennoch interessant, was da nun hinter steckte. Vielleicht war er tatsächlich der erste, der von Yunus Niegung erfahren würde, sofern es sie gab. Er selbst hatte nichts davon, würde sowas natürlich auch niemals herumerzählen oder ähnliches....aber es wäre ein wunderbarer Vertrauensbeweis, wenn Yunus ihm eine solche Sache gestehen würde.

Ach Blödsinn! Er interpretierte da einfach viel zu viel rein! Wahrscheinlich hatte Yunus Dad ihm einen Floh ins Ohr gesetzt, weil er noch keine Freundin hatte und jetzt dachte der Kerl darüber einfach unglaublich viel nach!

Geduldig wartete Sami auf die Rückkehr des anderen und als dieser zurück war, lächelte er ihn an.
"Wir haben ewig nichts mehr unternommen! Wollen wir noch irgendwo hin oder willst du lieber Heim?"

Yunus hatte sich die Hände gewaschen und sich einen Moment im Spiegel betrachtet. Sami ahnte doch nichts, oder? Er wollte ihn wirklich nicht verlieren oder dass sich seine Einstellung zu ihm änderte. Er durfte das auf keinen Fall zulassen! Das Thema wäre ab jetzt erst einmal Tabu! Das war am sichersten!

Er kam wieder zu Sami und stimmte augenblicklich zu.

„Klingt super! Hauen wir auf die Kacke! Wer wird denn jetzt schon heim wollen?!“

Er nahm erst gar keinen Platz mehr und ging dann schon mal langsam Richtung Ausgang.

„Schon eine Idee wo wir hin sollen? Wenn nicht können wir ja ne Runde Billiard spielen.“

Tatsächlich war ihm gleich, was sie taten, Hauptsache, er konnte noch etwas mehr Zeit mit ihm verbringen!

Lachend stand Sami auf, als sein Kumpel zurück war, dann folgte er ihm zum Ausgang.
"Ich weiß wo wir hin können!" grinste er, deutete dann nach rechts, um diesen Weg einzuschlagen.

Er steuerte mit ihm sowas wie eine Bar an, allerdings gab es hier 4 Flipper Automaten mit verschiedenen Themen, 6 Billardtische, einige Dartscheiben und sogar einen Bereich, wo man Glücksspiele am Automaten spielen konnte.
"Ohhh das ist neu!!" entwisch es ihm gleich, als sie den Laden betraten und am Eingang bereits ein Automat stand, aus dem Man Stofftiere mit einem Greifarm holen konnte.

"Wir trinken hier gleich was! Können auch gerne zocken....aber erstmal hol ich was hier raus!"
Total aufgeregt umrundete Sami den Automaten, schaute welches der Plüschtiere er ergattern konnte und schmiss schließlich eine Münze ein, um das auserwählte Ding doch tatsächlich beim ersten Versuch zu ergattern. Er liebte diese Automaten und meist hatte er ziemlich viel Glück mit ihnen.

Stolz grinste er seinen Freund an. "Das Glück ist auf meiner Seite! Egal, was wir spielen, nimm dich vor mir in Acht!"

Sami war wirklich stolz wie bolle! Es war immer ein tolles Gefühl irgendwas zu erreichen oder zu gewinnen.