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RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 18.11.2018 17:45von Kazuya •

Sora hatte seinen Tag wie üblich damit begonnen, sich Teewasser aufzusetzen, in der Zeit im Bad zu verschwinden um anschließend den Tee aufzusetzen, sich anzuziehen und dann das Heissgetränk in eine Isolierkanne zu gießen um schlussendlich damit vor die Hautür zu gehen.
Zuvor war er im Genkan - dem Eingangsbereich seiner Wohnung - in ein Paar Straßenschuhe geschlüpft.
Er hatte auf dem Weg nach draußen noch einen Schirm mit genommen, denn der gestrige Wetterbericht hatte für den heutigen Tag Regen verkündet.
Er war die zwei Etagen des Hausflurs gemächlich die Stufen herab gestiegen und lauschte dem Rauschen des Wetters. Am Fussende der Stufen spannte er den Schirm auf und ging dann schnelleren Schrittes die Straße entlang. Er hatte den Barbier passiert, die Familienhäuser und war dann abgebogen um etwa 100 m weiter bei 7/11, dem Gemischtwarenladen, nach gefüllten Reisbällchen Ausschau zu halten, die er frühstücken konnte.
Sora hatte sich anschließend wieder im Regen gefunden und war zum Bücherladen in Shinjuku 3-Chome geeilt. Er schloss auf, schüttelte seinen Regenschirm vor Betreten aus und stellte ihn dann im Schirmständer ab, zog sich die Jacke aus und hörte, wie die schmale Ladentür ins Schloss fiel. Nicht aber ohne vorher das kleine Glöckchen am Rahmen zum läuten zu bringen.
Oft war dieses Geräusch das einzige, was hier ertönte. Manchmal kamen Kunden, sahen sich schweigsam um und verließen das kleine Buchgeschäft genauso wie sie gekommen waren. Dennoch störte es Sora nicht. Er war ohnehin nicht der lauteste Mensch und fand solche auch mehr anstrengend als angenehm.
Er liebte aber diesen Ort. Genuagenommen, durfte er jeden Tag an seinem Lieblingsort mehrere Stunden Zeit verbringen. Der Buchladen hatte seinem Großvater gehört. Damals war hier wesentlich mehr los gewesen! Besonders weil man hier nicht einfach nur Bücher kaufen konnte. Sie wurden auch zum Verleih angeboten. Die Kunden durften selbst entscheiden ob sie es kaufen oder gegen eine kleine Gebühr borgen wollten. Besonders die Bücher, die eher kostspielig in der Anschaffung waren, wurden sehr oft geliehen und waren gefragt. Soras Großvater wollte es aber den Menschen ermöglichen, auch hierzu Zugriff zu haben, selbst, wenn sie nicht über das nötige Kleingeld verfügten. Sein Vater hatte die Tradition weiter gelebt und dann war es für den 29-jährigen eine Selbstverständlichkeit, der nächste an der Reihe zu sein.
Genau genommen wollte Sora weder studieren noch Jahrelang in einem Büro feststecken. Er hätte viel lieber direkt nach der Oberstufe im Buchladen gearbeitet. In den Ferien durfte er das auch und auch so, war er nach der Schule fast jeden Tag her gekommen um sich in die Ecke zu setzen und zu lesen, manchmal auch um Hausaufgaben zu machen. Vor allem aber, in neue Welten zu tauchen, sich in ihnen wohl zu fühlen und der tristen Realität zu entfliehen.
Dennoch hatten seine Eltern darauf bestanden, damit er mehr Möglichkeiten hatten als sie. Vor allem auch finanzieller Natur, denn der Buchladen wurde Dank des Fortschritts, des Internets, den elektronischen Büchern und Tablets einfach immer weniger aufgesucht.
So hatte er dann eben Japanische Geschichte studiert und anschließend in einer Fakultät gearbeitet. Aber es ödete ihn an, auch wenn er gut verdient hatte. Als seine Eltern dann vor 3 Jahren zurück nach Okayama, dem Heimatort seiner Mutter, zogen, übernahm er endlich den Bücherladen und bereute bis heute diese Entscheidung nicht.
Im Gegenteil! Er hatte sich nie wohler in seiner Haut gefühlt. Wahrscheinlich konnte er auch zu jedem Buch in diesem Laden etwas erzählen, wenn ein Kunde fragen sollte. Er konnte Empfehlungen aussprechen oder aber auch einfach nur lesen, wenn niemand kam.
Seit ein paar Wochen allerdings gab es einen Kunden, der fast jeden Mittwoch kam. Er war immer sehr höflich und freundlich und vor allem sein Lächeln empfand Sora als ausgesprochen angenehm. Da heute ein Mittwoch war, ertappte er sich selbst dabei, wie er viel öfter auf die Uhr oder aber die Tür blickte und das schon jetzt, wobei er gerade einmal vor einer Stunde angekommen war.
Er hatte sein letztes Reisbällchen ausgepackt, biss genüsslich hinein und las wieder in einem seiner Lieblingsbücher von Natsume Soseki. Er schmunzelte über den herrlichen Humor und rückte dabei seine Brille zurecht, die ein klein Wenig von seiner Nase rutschte. Der Tee neben ihm hatte sein herrliches Aroma verbreitet und ließ alles sehr heimelich wirken.

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 09:09von Hiro •

Takahiro Sato hatte heute wohl den schlechtesten Tag seines Lebens. Erst hatte er sein Handy in der völlig überfüllten Bahn verloren, dann hatte ihm jemand einen halben Becher Starbucks-kaffee über sein weißes Hemd gekippt, der einzige Kollege den er auf den Tod nicht ausstehen konnte hatte sich darüber lustig gemacht, ehe er sich hatte umziehen können, der Firmenchef hatte eine wirklich üble Nachricht verkündet und nun hatte ihm auch noch irgendein Penner in der Bahn das Sakko geklaut und draußen goss es aus Eimern!
Konnte ein solcher Tag noch schlimmer werden? Er und alle anderen würden in 3 Tagen ihren Job los sein, weil die Firma bankrott gegangen war und man ihnen einfach alles verheimlicht hatte.... Was sollte er jetzt tun? Wie ging es weiter? Wie sollte er so schnell einen neuen Job finden?
Der Zug hielt, die Türen öffneten sich und er wurde quasi mit raus geschwemmt, ohne irgendwas dagegen tun zu können. Nun gut, er wollte hier ohnehin raus, immerhin war es Mittwoch und somit hatte er Zeit noch in den Buchladen zu gehen. Den rest der Woche arbeitete er dafür nämlich eindeutig zu lange.
Kurz überprüfte der Büroassistent, ob seine Wohnungsschlüssel und seine Brieftasche noch an Ort und Stelle waren und machte sich dann im strömenden Regen auf den Weg. Natürlich war er nicht so schlau gewesen und hatte sich vorher den Wetterbericht angeschaut. Also hatte er auch keinen Schirm dabei.
Schnellen Schrittes ging er weiter, doch als der Regen noch stärker wurde und er glaubte einen Donner zu hören rannte er los. Verdammt! Warum musste Regen auch so kalt sein?!
Völlig durchnässt und durchgefroren kam er schließlich am Buchladen an, seufzte tief und trat dann vorsichtig ein. Er war gerne hier. Bücher waren toll und das Konzept dieses Buchladens war etwas ganz besonderes. Leider hatte er erst vor ein paar Wochen diesen Laden gefunden, zuvor hatte er sich immer alles gekauft, was er einmal lesen wollte, dies erklärte auch seine Regale voller Bücher, die er wohl nicht noch einmal lesen würde.
Gerade mal nach 3 Schritten ins Innere kam ihm ein liebliches Aroma entgegen. Der Besitzer schien wieder Tee zu trinken. Irgendwie war es immer wieder sehr angenehm von diesem Duft begrüßt zu werden.
Tropfnass lächelte er den Mann mit dem Buch in der Hand an. "Hallo....ehm...Entschuldigung, dass ich hier alles voll tropfe... Gibt es hier vielleicht ein Bad, wo ich mich kurz ein wenig trocknen kann?" fragte er sanft. Er konnte so nass unmöglich ein Buch lesen, das würde sich nur wellen und zerstört werden. Trotzdem wollte er einfach lieber hier sein und ein wenig in die Bücher eintauchen anstatt allein Zuhause zu sitzen.

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 09:59von Kazuya •

Die leise Glocke der Tür verriet, dass jemand eingetreten war. Sora blickte auf und sah den Mann, auf den er unbewusst gewartet hatte. Dieser war ja völlig durchnässt! Einen Augenblick wusste er nicht, was er sagen sollte. Gut, dass der Mann zu reden begann.
„Ja, natürlich!“, er trat hinter seinem kleinen Tresen vor und führte ihn nach hinten zur kleinen Toilette. Gut, dass sie sonst nur von Sora besucht wurde und er es mochte, wenn alles sauber war.
„Ich… ich habe auch ein Handtuch!“
Er griff in das Schränkchen unter dem Waschbecken und reichte es ihm. Es war zwar nur ein kleines, aber mehr hatte er hier leider nicht.
Er ging dann erst einmal wieder vor, um den Mann allein zu lassen.
Oh je, hoffentlich erkältete er sich nicht, so wie er aussah! Sora blickte an sich herunter. Er hatte ein Hemd und einen Pullover an und dann war da ja noch seine Jacke, die am Haken hing. Er zog seinen Pullover aus, richtete seine Brille wieder ging wieder hinüber zur Toilette und klopfte.
„Entschuldigen Sie… wenn es ihnen nichts ausmacht, würde ich Ihnen den hier anbieten… Natürlich nur, wenn Ihnen das nicht zu seltsam erscheint. Ich denke nur, dass es vielleicht gesünder wäre, wenn Sie sich von der nassen Kleidung befreien würden.. zumindest…“, oh Mann, das klang alles so stümperhaft! „Hier, bitte…“
Er drückte ihm einfach den Pullover in die Hand und ging dann wieder vor.
Er blickte in der Schublade des Tresen nach. Hier standen auch noch Tassen. Er goss ihm von seinem Tee ein, dann würde ihn dieser wenigstens noch etwas wärmen können.
Trotzdem sah er immer wieder hinüber zu der Tür. Warum war er nur so nervös? Ob er ihn mit seiner Hilfe überrannte? Er hoffte doch nicht.

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 10:14von Hiro •

Takahiro war sichtlich erleichtert, dass es tatsächlich eine Toilette gab, wo er sich ein wenig trocknen konnte. Ruhig und doch vor Kälte leicht zitternd folgte er dem Brillenträger.
"Vielen Dank." gab er leicht beschämt von sich, als man ihm das frische Handtuch reichte. Das war schon mehr als er erwartet hatte! Im Spiegel sah er auch gleich, dass sein weißes Hemd so klatsch nass war, dass es völlig durchsichtig war. Oh man! Kein Wunder, dass er so fror. Würde er den Kerl in die Finger kriegen, der beim Aussteigen sein Sakko aus seinem Arm gerissen hatte...den würde er...!
Seufzend trocknete er erst sein Gesicht und seinen Hals ab, dann begann er sein Hemd auf zu knöpfen, um es wenigstens einmal fest aus zu wringen, doch gerade als er 2 Knöpfe erst offen hatte kam der nette Mann nochmal zu ihm zurück.
Er öffnete ihm die Tür, sah ihn überrascht an.
Der Kerl bot ihm den Pulli an? Hatte er ihn nicht gerade selbst noch getragen? Das war sowas von niedlich!!
"Ah...d-danke!"
Kurz nur sah er ihm nach, beeilte sich dann jedoch das Hemd los zu werden und seinen Oberkörper zu trocknen, um den noch warmen und wohl duftenden Pulli über zu ziehen. Er passte sogar ziemlich gut. Sie schienen eine sehr ähnliche Statur zu haben.
Takahiro schmunzelte. Er war nicht nur wegen der Bücher gerne hier...nein. Dieser Kerl hatte irgendwie etwas beruhigendes an sich und war so freundlich. Das tat eifnach unendlich gut, wenn man nicht allein sein wollte. Jeden Mittwoch freute er sich schon während der Arbeit auf den Besuch im Buchladen.
Lächelnd sah er sich den Pulli nochmal an, ehe er das tropfende Hemd über den Waschbecken auswrang und es erstmal an einen Haken hing. Vielleicht hatte er glück und es wäre bald trocken, der Stoff war ohnehin nicht sonderlich dick und trocknete recht schnell.
Seine Haare hatte er ebenfalls möglichst trocken gerubbelt und seine Hose war zum Großteil nur an der Vorderseite der Oberschenkel und unten an den Beinen nass geworden, das würde er wohl noch überleben.
Langsam verließ er den kleinen Raum wieder und kam zurück zu Sora.
"Vielen Dank...Ich habe schon befürchtet, dass ich doch Heim fahren muss... dann hätte ich es aber nicht nochmal hierher zurück geschafft..." gestand er, lächelte dabei jedoch sanft.
"Der Pulli war wirklich meine Rettung! Mir ist schon viel wärmer."
Tatsächlich sprach er ruhiger als er sich fühlte. Es war eine wirklich große Geste, dass der andere ihm seinen Pullover geliehen hatte. Er war ein liebevoller Mensch, wundervoll und rein....Solche Menschen gab es leider viel zu selten.
Noch zitterten seine Hände leicht und sie waren auch eindeutig rot, aber das war halb so wild. Hier drinnen war es angenehm und er würde sich sicher sehr schnell aufwärmen, wenn er eine Weile hier blieb.

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 10:32von Kazuya •

Die Tür öffnete sich und Sora blickte schnell in sein Buch, damit es nicht so aussah, als hätte er wie ein Hündchen auf sein Herrchen gewartet. Langsam blickte er auf und lächelte.
Er wollte nach Hause, hatte aber befürchtet, dass er nicht mehr her konnte? Das war beeindruckend! Mochte er Bücher also doch SO gerne? Überraschender Weise freute diese Aussage, den Buchhändler.
Er blickte ihn an, der Pulli schien gut zu passen!
„Das freut mich, dass er Sie wärmt… ich wollte auch nicht zu aufdringlich damit sein!“
Er sah die roten Hände, reichte ihm dann die Tasse.
„Hier bitte, vielleicht noch etwas Tee? Es ist allerdings nur Jasmintee, ich weiss nicht ob der Ihnen schmeckt, aber er wird Sie wenigstens ein wenig wärmen!“
In der Ecke stand ein kleiner runder Tisch mit zwei Stühlen. Viel mehr Platz gab es nicht, hier hatte Sora schon als Kind gern gesessen. Wenn Kunden kamen und gern hier lesen wollten, hatten sie dort die Möglichkeit. Zudem war dort auch die Heizung.
„Nehmen Sie doch Platz, dann fühlen Sie sich bestimmt bald noch etwas wohler!“, schlug er vor und deutete auf den Tisch. Er ging mit ihm die wenigen Schritte hinüber und zog den Stuhl zurecht.
„Ah, wo sind meine Manieren?“, er griff nach seinem Portmonee und zog eine Visitenkarte hervor. Dort stand sein Name, seine Telefonnummer und die Adresse des Buchladens darauf.
„Sora Imai, mein Name. Freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen!“, meinte er mit einer leichten Verbeugung und lächelte.
„Ich dachte, Sie würden vielleicht gern wissen, wessen Pullover Sie tragen!“, scherzte er.
Er stand dann kurz etwas hilflos herum, weil er nicht wusste, ob er an seinen Platz zurück sollte, oder ob er sich einfach zu seinem Kunden gesellen konnte.

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 20:33von Hiro •

"Aufdringlich? Nein, auf keinen Fall. Es war wirklich nett!" winkte der Kunde sofort ab.
"Oh...ist das wirklich okay? D-danke...." zaghaft nahm er die Tasse, schnupperte auch gleich begeistert daran. "Jasmin also... Ich find den Duft immer toll, wenn man hier rein kommt..ich denke, dass er mir sicher schmeckt."
Die Tasse war wunderbar warm in seinen kalten Händen, weshalb er sie mit diesen umschloss, um möglichst viel von der Wärme zu spüren.
Takahiro nickte leicht, folgte ihm zu den Stühlen. Dort angekommen stellte der Besitzer sich jedoch erstmal vor. Kurz war der durchgefrorene Kunde etwas überfordert, dann aber stellte er schnell die Tasse ab, nahm dankend die Karte an und reichte dem anderen auch seine.
"Takahiro Sato, freut mich sehr." lächelte er freundlich, ebenfall mit einer Verbeugung.
Er lachte jedoch auch, als Sora das mit dem Pulli sagte. "Ja, tatsächlich ist es angenehm auch den Namen des Besitzers zu kennen, wenn man einen fremden Pullover trägt!" kicherte er, nahm dabei die Tasse wieder in die Hände und wärmte sich damit weiter.
"Haben sie noch zu tun...oder würden sie sich ein Weilchen zu mir setzen?" fragte der Büroassistens höflich. "Ich würde ein wenig Gesellschaft sehr begrüßen."
Takahiro dachte gerade sehr viel darüber nach, ob er den Buchladenbesitzer nicht einfach auf einen Kaffee oder ein kleines Abendessen einladen sollte. Als Dank für die Fürsorge...? Vielleicht würde er auch mit ihm einen Trinken gehen...? Nein...der Kerl sah nicht danach aus, als würde er Alkohol trinken. Er selbst trank auch nur sehr, sehr selten....eigentlich nie. Aber nach dieser Sache heute....die mit seinem Job und seiner zukunft, die nun in den Sternen stand war ihm wirklich nach einem Blackout vom feinsten. Das war aber doch leider auch keine Art, um mit soetwas vernünftig um zu gehen....

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 21:05von Kazuya •

„Freut mich!“, wiederholte er, als er nun auch den Namen seines Gegenüber kannte.
„Ah, ja, ich setze mich gern!“, er zog schon den Stuhl vom Tisch, blickte kurz an die Theke.
„Momentchen!“, er ging schnell hinüber um den Tee zu holen und nahm dann auch endlich Platz.
Schüchtern lächelte er ihn an.
„Prost!“, gab er von sich und hob seine Tasse an.
Über was sollte er aber nun mit ihm sprechen? Das Wetter wäre ein wenig zu trivial gewesen. Es war doch offensichtlich das es aus Eimern goss! Und doch hörte er sich selbst sagen:
„Da kommt ja ganz schön was runter, heute! Sie können gerne nachher einen Schirm mitnehmen! Es sind genügend hier!“
Er deutete auf den Schirmständer in dem noch drei geschlossene Standen. Sie waren immer da, falls ein Kunde einem brauchte. Bislang kamen sie immer wieder, genau wie die geliehenen Bücher.
Er trank einen weiteren Schluck. Mann, wieso fühlte er sich so hilflos?! Wieso wollte ihm nichts spannendes, oder wenigstens lustiges einfallen? Wohin war sein Improvisationstalent entschwunden? Bei all den Büchern, die er Zeit seines Lebens verschlungen hatte, hätte ihm doch irgendetwas adäquates über die Lippen kommen müssen. Fehlanzeige!
„Ich, habe nicht besonders oft Kundschaft hier, die sich auch ernsthaft mit mir unterhalten würde, entschuldigen Sie also bitte, wenn ich gerade etwas wortkarg erscheine!“, gab er dann aber offen zu und lächelte verlegen und rückte seine Brille etwas zurecht.

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 21:19von Hiro •

Takahiro freute sich ungemein, dass der andere sich zu ihm setzen würde. Da war nur dieses kleine Problem.... was sollte er sagen? Er fand dieses Mann echt interessant und wirklich nett! Aber....Er konnte ihn ja hier super schlecht plump anflirten!
Er hatte ja keine Ahnung, dass den anderen das gleiche Problem plagte, zumindest der Teil mit der Themafindung.
"Prost!" lachte er kurz, hob seine Tasse ebenso an und trank einen Schluck des angenehm heißen Tees. Das war eine wahre Wohltat.
Der Smalltalk, den der andere begann ließ ihn schmunzeln. Das Wetter? Wirklich? Er suchte sich das offensichtlichste raus, um damit ein Gespräch zu beginnen?
"Oh, vielen Dank!" sagte er dennoch lächelnd. Gott. Wie konnte ein fremder Mensch nur so unendlich nett und zuvorkommend sein? Am liebsten würde er diesen Mann einfach umarmen und nie mehr loslassen, vor allem bösen beschützen und ganz für sich allein haben. Solche Menschen waren sehr selten, auch wenn er selbst auch immer helfen würde, sofern er konnte... so begegnete man solchen Leuten wirklich nicht oft.
Irgendwie kam es ihm dennoch so vor, als würden hier zwei Leute sitzen, die sich auf ein Blind-Date eingelassen, aber keine Ahnung hatten, was sie hie rüberhaupt taten.
"Das ist schon in Ordnung!" winkte der Kunde ab. "Erzählen Sie mir doch einfach ein Bisschen was von Ihnen? Wer ist ihr Lieblingsautor? Wie kommt es, dass Sie einen Buchladen besitzen? Wer kam auf dieses absolut tolle Konzept, dass man sich die Bücher auch einfach leihen oder kaufen kann, ohne in eine Bibliothek zu müssen?"

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 21:29von Kazuya •

Auch wenn der Gedanke des Blinddates mehr als passend war, so bemerkte Sora erneut wieder, wie ihn das Lächeln des anderen aus der Reserve lockte! Es war fast so, als sei Takahiro ein Stück Käse und er eine Maus, die sich vor der Welt versteckte, nun aber aus ihrem Unterschlupf hervor gelockt wurde!
„Oh... mein Lieblingsautor ist devinitiv Soseki-san! Ich verehre seinen Humor genauso wie seine Ernsthaftigkeit und seinen Sinn für Poesie! Er ist so wunderbar offen und doch nicht aufdringlich!“, geriet er direkt ins Schwärmen.
Er lachte und legte seine Hand in den Nacken, dann umschloss er wieder mit beiden Händen die Tasse, so als könne sie ihn irgendwie schützen.
Dann berichtete er von seinem Grossvater und wie das Konzept entstand.
„Nun ja, und nun kümmere ich mich um den Buchladen, jetzt im dritten Jahr!“
„Wie ist das bei Ihnen, Sato-san? Welche Bücher ziehen Sie so in den Bann, dass Sie es schaffen, jede Woche Ihren Weg hier her zu finden?“
Dieses Thema war fantastisch gewesen um das Eis zu brechen! Es gab nichts, über das Sora Imai lieber sprach, als Bücher und alles was damit zu tun hatte.

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 21:46von Hiro •

Es war wirklich erfrischend den Brillenträger so schwärmen zu hören. Vor allem von einem Autor, den er selbst auch sehr schätzte.
Lächelnd lauschte er den Worten, war gespannt was der Fremde noch so zu erzählen hatte.
"Im Dritten Jahr....wow!" meinte er noch. "Ich? Nun.... Ich lese tatsächlich auch unheimlich gerne die Werke von Natsume Soseki... Aber ich lese generell sehr gerne... Allerdings bietet Meine Wohnung keinen Platz mehr für weitere Bücher also musste ich mir etwas anderes einfallen lassen... ich komme her um neue Bücher zu lesen, neue Dinge zu entdecken...Mittwoch war immer der einzige Tag, an dem ich nicht bis Abends arbeiten musste..." erklärte er. "Die Zeit wollte ich nutzen, um zu lesen und hier ist es wirklich sehr schön."
Er blickte ihm in die Augen, lächelte. "Außerdem fühlt man sich besonders wohl, wenn eine positive Person einen umgibt, finden Sie nicht auch? Hier duftet es immer wunderbar nach Tee und Sie strahlen eine wunderbare, positive Aura aus... Ich fühle mich hier beinahe schon Zuhause! Verstehen Sie das nicht falsch... ich meine damit nur, dass es manchmal auch schön ist zu wissen, dass jemand in der Nähe ist, auch wenn man gerade in einem Buch versinkt."

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 21:59von Kazuya •

Zu hören, dass er ebenfalls Soseki liebte zauberte Sora ein Lächeln auf die Lippen. Selbst wenn er gewollt hätte, wäre es ihm unmöglich gewesen, es zu unterdrücken!
Interessier hörte er ihm weiter zu und fühlte doch tatsächlich, wie ihm die Schamesröte ins Gesicht stieg, als er ein so schönes Kompliment bekam! Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet! Er war es gewöhnt als Langweiler und Bücherwurm oder auch als Nerd abgestempelt zu werden! Das hier war nun wirklich etwas ganz neues!
„Oh... vielen Dank! Sie sind zu freundlich! Ja, ich denke aber, dass ich nachvollziehen kann, was sie meinen. Ich habe hier auch immer sehr gern gelesen, in dem Wissen, das mein Grossvater auf mich acht gibt.“
Er zögerte kurz, hakte dann aber nach.
„Hat sich etwas an Ihrer Situation geändert? Sie sagten, Mittwoch WAR der Tag an dem Sie nicht so lang arbeiten mussten!“
Er hoffte sehr, dass Takahiro ihn weiter wöchentlich beehren würde! Es wäre doch wirklich schade, einen so interessanten Gesprächspartner zu verlieren!

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 22:11von Hiro •

Erst dieses wunderbare Lächeln und jetzt auch noch die Schamesröte! Sora wurde ihm wirklich immer symphatischer.
Für jemanden, der selbst eine große Leidenschaft für Bücher hatte, wäre es doch eine Schande einen anderen "Bücherwurm" als Langweilig zu empfinden. Es war wunderbar mal mit jemandem über Bücher, Autoren oder ähnliches sprechen zu können, ohne jemanden zu Tode zu langweilen.... und dabei dann auch noch diese Hingabe zu spüren, es war einfach schön.
"Ja, das kann ich gut nachvollziehen... Man fühlt sich dann von den Büchern nicht völlig eingenommen, da ist noch jemand, der anwesend ist und mit dem man vielleicht auch mal sprechen kann..." lächelte er.
Oh nein....diese Frage! Er spürte selbst, wie sein Lächeln verschwand und seine Existenzängste wieder aufkeimten. Er konnte einem Fremden doch nicht einfach sagen, dass er in 3 Tagen wohl auf der Straße sitzen würde! Er hatte sich aber auch so doof ausgedrückt, dass Sora nur hatte fragen können.
"Nun...Die Sache ist die..."
Er sah ihn seine Tasse, trank nochmal einen Schluck, als würde er sich Mut antrinken und blickte ihn dann wieder an.
"Die Firma, für die ich jetzt schon 4 Jahre Arbeite ist offenbar plötzlich Bankrott gegangen... man hat allen Mitarbeitern aber alles verschwiegen und niemand konnte sich darauf vorbereiten... in 3 Tagen sind wir alle arbeitslos, weil die Firma für immer zu macht..." erklärte er beschämt und bedrückt zugleich.
"Es ist wohl eher dumm, dass ich hier sitze und Tee trinke anstatt sofort Heim zu fahren und mich um einen neuen Job u bemühen....aber diesen kurzen Moment der Ruhe und das Gefühl von Zuflucht wollte ich mir nicht nehmen lassen... Wenigstens heute möchte ich mir keine Gedanken machen, ab Morgen beginnt also der Stress..."
Er fuhr zusammen, sah Sora entschuldigend an, winkte ab und lächelte nun eher gequält.
"Verzeihung! Ich wollte Sie nicht mit meinen persönlichen Problemen belasten!"

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 22:25von Kazuya •

„Oh nein, bitte belasten Sie mich!“
Okay, das klang völlig verkehrt!
„Ich..ich meine... es stört mich nicht. Im Gegenteil! Bitte entschuldigen Sie, dass ich so neugierig war! Ich wollte Sie natürlich nicht in eine unangenehme Situation bringen... und das habe ich mit meiner Frage! Entschuldigung!“
Plapperte er unbeholfen los.
Wieso verhielt er sich nur so?! Das war ja wohl mehr als peinlich!
Er wollte im Erdboden versinken! Jetzt! Aber das ging natürlich nicht und unhöflich wäre das auch noch gewesen!
Er räusperte sich, sah ihn dann wieder an.
„Ich kann mich ja umhören. Vielleicht kenne ich ja jemanden, der Mitarbeiter sucht! Also, wenn das für Sie in Ordnung ist! ....Ich habe die ganze Zeit den Eindruck, als würde ich mich Ihnen zu sehr aufdrängen!“, Sora lachte auf und schüttelte den Kopf über sein eigenes Verhalten.
Dann lehnte er sich zurück und atmete tief durch.
„Sie haben mir immer so einen freundlichen Eindruck vermittelt, da wollte ich es Ihnen einfach gleich tun!“, meinte er nun ehrlich.
„Ich fände es schade, wenn Sie aufgrund Ihrer beruflichen Situation nicht mehr her kämen! Ihnen zu helfen ist also wohl eher Eigennutz als ein Akt der Nächstenliebe!“
Er schmunzelte. Langsam wich die Nervosität von ihm. Zumindest hatte sie ihn nicht mehr voll im Griff.

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 22:33von Hiro •

Im ersten Moment war Takahiro doch ziemlich verwirrt und er wollte sich auch gleich noch einmal entschuldigen, aber da wurde es auch schon erklärt.
"Das ist schon in Ordnung, keine Sorge!" lächelte er sachte, winkte dabei ab. Sie waren wohl beide gerade irgendwie peinlich aber Taka fand das ziemlich amüsant.
Er lachte, schüttelte leicht den Kopf. "Nein, nein! Sie drängen sich nicht auf!" merkte er an.
Seinen Tee trinkend lauschte er dem Bücherwurm, stellte dann aber langsam seine Tasse ab und musterte ihn. "Eigennutz, hm? Weil ich ein guter Kunde bin....oder weil Sie sich jetzt gerne öfter unterhalten möchten?"
Auf seinen Lippen lag ein lächeln und seine Augen schienen beinahe zu grinsen!
"Ich möchte auch sehr gerne weiterhin hier her kommen... gerade jetzt, wo ich mich doch endlich mal ein wenig mit Ihnen unterhalten konnte!"
Es war ja schon zu schön um wirklich wahr zu sein. Sora meinte das mit dem Eigennutz doch nur, weil er an ihm Geld verdiente, oder nicht?
"Ich denke nicht, dass ich lange ohne Job bleibe...aber ich würde das Angebot auch sehr gerne annehmen, je mehr Ohren und Augen sich umhören und umsehen, desto höher ist die Chance, nicht wahr?"
Kurz überlegte er. "Ich würde Sie zum Gegenzug auch gerne zu einem Kaffee einladen...aber...." Sein Blick richtete sich auf den Pullover. "Ich denke ich schulde Ihnen bei der vielen Hilfe doch eher ein ganzes Abendessen! Was halten Sie davon? Ich würde sie wirklich gerne einladen."

RE: Der kleine Buchladen in Shinjuku 3-Chome
in Kurzgeschichten 20.11.2018 22:48von Kazuya •

Der Brillenträger schmunzelte. Da wurde er wohl entlarvt!
„Weil Sie ein guter Kunde sind, mit dem ich mich gern öfter unterhalten würde!“, gab er lächelnd zu.
Die Einladung fand er wirklich erfrischend und dass diese direkt zum Abendessen mutierte war beeindruckend und ein klein wenig erschreckend. Trotzdem in keiner Weise wirklich negativ zu werten!
„Ich helfe doch gerne! Dafür erwarte ich doch keine Gegenleistung!“
Er sah ihn an und musterte ihn kurz.
„Aber ich gehe dennoch gern mit Ihnen essen! Allein, weil sie Natsume Soseki so sehr mögen!“
Sora strahlte regelrecht. Er fand diese Tatsache einfach fantastisch und er würde sich daran sicherlich lange erfreuen können!
„Konnten Sie sich etwas aufwärmen?“, erkundigte er sich nun.
„Darf ich fragen, welches Buch Sie heute zu mir geführt hat? Ich hoffe, dass ich es vorrätig habe! Es wäre ja schade, wenn Sie ganz umsonst her gekommen wären!“

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